Rechtsrahmen - Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
(AVMD-Richtlinie)
Was ist neu?
Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ändert und umbenennt die Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" und stellt weniger detailreiche aber flexiblere Vorschriften bereit. Außerdem werden mit der überarbeiteten Richtlinie die Vorschriften für die Fernsehwerbung mit dem Ziel modernisiert, audiovisuelle Inhalte besser zu finanzieren.
Was ist neu?
Erweiterter Geltungsbereich (Artikel 1 (1)a))
Fernsehen (linearer Dienst) und Video auf Abruf (nichtlineare Dienste). Hauptzweck dieser Dienste muss die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit unter der redaktionellen Verantwortung eines Mediendiensteanbieters sein.
Unterschiedliche Strenge („abgestufte Regelungsdichte“)
Da die Nutzer von audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf unterschiedliche Auswahl- und Kontrollmöglichkeiten haben, gelten für diese Dienste nur einige grundlegende Regeln. Für Fernsehsendungen gelten dagegen strengere Vorschriften bezüglich der Werbung und des Schutzes von Kindern.
Rechtshoheit bei Satellitenübertragung (Artikel 2)
Ist ein Mediendiensteanbieter außerhalb der EU niedergelassen, nutzt aber eine in einem EU-Land gelegene Satelliten-bodenstation für die Aufwärtsstrecke, dann unterliegt er der Rechtshoheit dieses Landes. Nutzt er keine in der EU gelegene Satellitenbodenstation für die Aufwärtsstrecke, dann unterliegt er der Rechtshoheit des EU-Landes, dessen Satelliten-Übertragungskapazität er nutzt. Damit wurde die Reihenfolge der Kriterien für die Festlegung der Rechtshoheit gegenüber den früheren Regeln umgekehrt.
Die Vorschriften welchen Landes sind anzuwenden?
Wie nach den alten Vorschriften unterliegen Diensteanbieter nur den Vorschriften, die in ihrem eigenen Land anwendbar sind (Herkunftslandsprinzip). Dieses Grundprinzip soll den Diensteanbietern Rechtssicherheit geben und ihnen die Entwicklung neuer grenzübergreifender Geschäftsmodelle erleichtern.
Einzelne Länder können das Aussenden ungeeigneter Inhalte beschränken (Artikel 3 Absätze 4–6)
Nach den neuen Vorschriften können EU-Länder für ihren Bereich die Weiterverbreitung bestimmter ungeeigneter Inhalte, die in ihrem Herkunftsland nicht verboten sind (z. B. neonazistische Propaganda) über einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf beschränken.
Zweistufiges Abwehrverfahren für Empfängerländer (Artikel 4 Absätze 2–5)
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Ist ein Land mit den Inhalten eines ausländischen Fernsehprogramms, das ganz oder vorwiegend auf sein Gebiet ausgerichtet ist, nicht einverstanden, so kann es sich im Rahmen eines Konsultationsverfahrens an das Herkunftsland wenden. Letzteres fordert dann den Fernsehveranstalter rechtsunverbindlich auf, die strengeren Bestimmungen des Ziellandes einzuhalten.
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Umgeht der Fernsehveranstalter diese Bestimmungen, kann das Zielland – nach vorheriger Genehmigung durch die Kommission – verbindliche Maßnahmen ergreifen (Umgehungsverfahren).
Transparenzverpflichtungen (Artikel 5)
Die Anbieter audiovisueller Mediendienste müssen alle erforderlichen Angaben machen, um zu gewährleisten, dass die Urheber redaktioneller Entscheidungen haftbar gemacht werden können.
Definition der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation (Artikel 1(1)(h))
In den neuen Vorschriften wurden Begriffe wie Werbung (einschließlich Sponsoring), Produktplatzierung oder Teleshopping weit gefasst definiert.
Dies soll sicherstellen, dass für alle Formen kommerzieller audiovisueller Inhalte gemeinsame Vorschriften gelten – unabhängig davon, wie die Programme verbreitet werden, in denen sie enthalten sind.
Kurzberichterstattung (Artikel 15)
Zur Förderung der Informationsfreiheit erhält jeder in der EU niedergelassene Fernsehveranstalter garantierten Zugang zu exklusiv übertragenen Ereignissen von großem öffentlichen Interesse, um darüber Kurzberichte senden zu können.
Förderung europäischer Werke (Artikel 13)
Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass nicht nur Fernsehveranstalter, sondern auch Abrufdienste europäische Werke fördern.
Produktplatzierung (Artikel 11)
In den neuen Bestimmungen ist festgelegt, unter welchen Bedingungen die Produktplatzierung zulässig ist (z. B. in welchen Programmen, Kennzeichnung, keine zu starke Herausstellung usw.). Den Mitgliedstaaten steht es frei, für Medienunternehmen unter ihrer Rechtshoheit strengere Vorschriften festzulegen, sofern diese mit dem EU-Recht vereinbar sind.
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Qualitätsstandards – bestehende Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern und Kindern sowie der Menschenwürde gelten weiterhin. Daneben werden neue Probleme behandelt, z. B. Werbung für ungesunde Lebensmittel (etwa durch Aufrufe zur Selbstregulierung der Wirtschaft und zu Verhaltenkodizes).
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Zeitliche Beschränkungen – diese sind nun flexibler gestaltet, was den Zeitpunkt der Werbeunterbrechung betrifft, aber die Beschränkung auf 12 Minuten pro Stunde für Werbespots und Teleshopping-Spots bleibt bestehen (Artikel 23 Absatz 1).
Werbung für „ungesunde“ Lebensmittel und Getränke in Kindersendungen (Artikel 9 Absatz 2)
Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen die Anbieter von Mediendiensten dazu anregen, Verhaltenskodizes zur Einschränkung derartiger Werbung zu entwickeln.
Schutz von Kindern vor Inhalten, die für Erwachsene bestimmt sind (Artikel 12)
Inhalte, die die Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen könnten, dürfen nur so bereitgestellt werden, dass sie von Minderjährigen üblicherweise nicht gehört oder gesehen werden können. Dies kann z. B. durch Zugangscodes geschehen.
Zugang für Seh- und/oder Hörbehinderte (Artikel 7)
Durch die neuen Bestimmungen sollen audiovisuelle Inhalte diesen Gruppen – z. B. durch Untertitel und Audiobeschreibung – zunehmend zugänglich gemacht werden. Die Mitgliedstaaten müssen Medienunternehmen unter ihrer Rechtshoheit in diesem Bestreben bestärken.
Selbstregulierung und Regulierung durch die Mitgliedstaaten (Artikel 4 Absatz 7)
Gemäß den neuen Bestimmungen müssen die Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen die Selbstregulierung – ggf. kombiniert mit behördlicher Regulierung („Koregulierung“) – fördern, sofern ihre Rechtssysteme dies zulassen. Derartige Regulierungssysteme müssen von den Hauptbeteiligten allgemein anerkannt werden und eine wirksame Durchsetzung gewährleisten.
Unabhängige Regulierungsstellen (Artikel 30)
Mit den neuen Bestimmungen werden die Existenz und die Aufgaben einzelstaatlicher unabhängiger Regulierungsstellen anerkannt. Um die ordnungsgemäße Anwendung der Richtlinie zu gewährleisten, müssen diese Regulierungsstellen untereinander und mit der Kommission eng zusammenarbeiten, insbesondere in Fragen der Rechtshoheit.