Beschäftigung, Soziales und Integration

Aktuelles 24/03/2021

Kommission schlägt Maßnahmen zur Wahrung der Kinderrechte und zum Schutz von Kindern in Not vor

Die Kommission hat heute die erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie sowie einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Europäischen Kindergarantie angenommen. Ziel ist die Förderung der Chancengleichheit von Kindern, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind.

Zur Vorbereitung beider Initiativen holte die Kommission zusammen mit weltweit führenden Kinderrechtsorganisationen die Ansichten von über 10 000 Kindern ein.

Neue Europäische Kindergarantie

2019 lebten fast 18 Millionen Kinder in der EU (22,2 % der kindlichen Bevölkerung) in Haushalten, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren. Dies führt zu einem generationenübergreifenden Kreislauf der Benachteiligung mit tief greifenden‐ und langfristigen Auswirkungen auf Kinder. Die Europäische Kindergarantie zielt darauf ab, diesen Kreislauf zu durchbrechen und die Chancengleichheit zu fördern, indem Kindern in Not (unter 18 Jahren, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind) Zugang zu einer Reihe wichtiger Dienstleistungen garantiert wird.

Im Rahmen der Europäischen Kindergarantie wird den Mitgliedstaaten empfohlen, Kindern in Not freien und effektiven Zugang zu folgenden Leistungen zu gewähren:

  • frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung – z. B. Vermeidung segregierter Klassen
  • Bildung und schulbasierte Tätigkeiten – z. B. angemessene Ausrüstung für Fernunterricht und Schulausflüge
  • mindestens eine gesunde Mahlzeit pro Schultag und
  • im Gesundheitswesen – z. B. Erleichterung des Zugangs zu ärztlichen Untersuchungen und Gesundheitsvoruntersuchungen

Diese Dienstleistungen sollten kostenlos und für hilfsbedürftige Kinder leicht zugänglich sein.

Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten außerdem, bedürftigen Kindern effektiven Zugang zu gesunder Nahrung und angemessenem Wohnraum zu gewähren: Beispielsweise sollten Kinder auch außerhalb der Schultage gesunde Mahlzeiten erhalten, und obdachlose Kinder und ihre Familien sollten Zugang zu einer angemessenen Unterkunft haben.

Bei der Feststellung von Notlagen und der Gestaltung ihrer nationalen Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten die besonderen Bedürfnisse von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen berücksichtigen, z. B. Fälle von Obdachlosigkeit, Behinderungen, prekären familiären Verhältnissen, mit Migrations-, einem ethnischen oder rassischen Hintergrund einer Minderheit oder Personen in alternativer Betreuung.

EU-Mittel zur Unterstützung dieser Maßnahmen stehen im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Plus ( EFS +) zur Finanzierung von Projekten zur Förderung der sozialen Inklusion, der Armutsbekämpfung und der Investition in Menschen sowie des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, InvestEU und der Aufbau- und Resilienzfazilität zur Verfügung.

EU-Strategie: Sechs Themenbereiche und vorgeschlagene Maßnahmen

  1. Kinder als Akteure des Wandels im demokratischen Leben: Die Kommission schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor – von der Erstellung kinderfreundlicher Rechtstexte bis hin zu Konsultationen mit Kindern im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas und der Umsetzung des Klimapakts und des Grünen Deals. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Teilhabe von Kindern am bürgerlichen und demokratischen Leben fördern.
  2. Recht der Kinder, ihr Potenzial unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund voll auszuschöpfen: Die Kommission strebt eine Europäische Kindergarantie zur Bekämpfung der Kinderarmut und der sozialen Exklusion an. Die Kommission wird zudem auf Themen wie die mentale Gesundheit von Kindern eingehen und an der Förderung gesunder und nachhaltiger Lebensmittel in Schulen in der EU mitarbeiten. Die Kommission wird sich um bessere EU-weite Standards für frühkindliche Bildung und Betreuung und den Aufbau einer inklusiven, hochwertigen Bildung bemühen.
  3. Recht der Kinder auf Gewaltfreiheit: Die Kommission wird Rechtsvorschriften zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt vorschlagen und Empfehlungen zur Verhütung schädlicher Praktiken gegenüber Frauen und Mädchen vorlegen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, integrierte Kinderschutzsysteme aufzubauen und ihre Funktionsweise sowie die Reaktion auf Gewalt in Schulen zu verbessern und Rechtsvorschriften zu erlassen, die körperliche Züchtigung in allen Umgebungen untersagen.
  4. Recht von Kindern auf eine kindgerechte Justiz als Opfer, Zeugen, Verdächtige, Angeklagte oder Partei eines Gerichtsverfahrens: Die Kommission wird z. B. einen Beitrag zur spezialisierten justiziellen Aus- und Fortbildung leisten und mit dem Europarat zusammenarbeiten, um die Leitlinien von 2010 für eine kinderfreundliche Justiz umzusetzen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, beispielsweise Schulungen zu unterstützen und solide Alternativen zu gerichtlichen Maßnahmen wie Alternativen zur Inhaftnahme oder Mediation in Zivilsachen zu entwickeln.
  5. Recht der Kinder auf Sicherheit im digitalen Umfeld und auf Nutzung der sich dort bietenden Chancen: Die Kommission wird die Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder aktualisieren, und das vorgeschlagene Gesetz über digitale Dienste soll sichere Online-Erfahrungen bieten. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, die Vorschriften zum Schutz von Kindern in der überarbeiteten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste wirksam umzusetzen und die Entwicklung grundlegender digitaler Kompetenzen von Kindern zu unterstützen. Darüber hinaus fordert die Kommission IKT-Unternehmen nachdrücklich auf, schädliche Verhaltensweisen im Internet zu bekämpfen und illegale Inhalte zu entfernen.
  6. Weltweites Eintreten für die Rechte von Kindern: Die Rechte des Kindes sind universell, und die EU bekräftigt ihr Engagement für den Schutz, die Förderung und die Einhaltung dieser Rechte weltweit und auf multilateraler Ebene. Dies soll beispielsweise erreicht werden, indem 10 % der Mittel für humanitäre Hilfe für Bildung in Notsituationen und anhaltenden Krisen bereitgestellt werden. Die Kommission wird bis 2022 einen Jugendaktionsplan ausarbeiten, um die Beteiligung von Jugendlichen und Kindern weltweit zu fördern und die Kapazitäten zum Schutz von Kindern mittels der EU-Delegationen zu stärken. Darüber hinaus verfolgt die Kommission eine Nulltoleranzpolitik in Bezug auf Kinderarbeit.

Nächste Schritte

Die Umsetzung der EU-Strategie wird auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene nachverfolgt, und die Kommission wird auf dem jährlichen EU-Forum für die Rechte des Kindes über die Fortschritte Bericht erstatten. Ende 2024 wird eine Evaluierung der Strategie unter Beteiligung von Kindern durchgeführt.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, den Vorschlag für die Empfehlung des Rates zur Einführung einer Europäischen Kindergarantie zügig anzunehmen. Die Regierungen werden aufgefordert, der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Annahme nationale Aktionspläne zur Umsetzung vorzulegen. Die Kommission wird die Fortschritte im Rahmen des Europäischen Semesters überwachen und gegebenenfalls länderspezifische Empfehlungen aussprechen.

Hintergrund

Wie von mehr als 10 000 Kindern in ihrem Beitrag zur Ausarbeitung des heutigen Pakets hervorgehoben wurde, leiden Kinder innerhalb und außerhalb der EU weiterhin aufgrund ihrer Herkunft, ihres Status, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Ausrichtung unter sozioökonomischer Ausgrenzung und Diskriminierung. Die Stimmen von Kindern werden nicht immer gehört und ihre Ansichten werden in Angelegenheiten, die sie betreffen, nicht immer berücksichtigt. Diese Herausforderungen wurden durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft. Die Kommission reagiert mit einer übergreifenden Strategie für die nächsten vier Jahre, die auf allen EU-Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte des Kindes aufbaut und klare Verbesserungsmaßnahmen enthält. Sie sollte auch die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die EU-Mittel bestmöglich zu nutzen.

Präsidentin von der Leyen kündigte in ihren politischen Leitlinien für 2019-2024 die Europäische Kindergarantie an. Die Europäische Kindergarantie ergänzt die zweite Säule der Kinderrechtsstrategie. Sie ist auch ein wichtiges Ergebnis des Aktionsplans für die europäische Säule sozialer Rechte, der am 4. März 2021 angenommen wurde und der unmittelbaren Antworten auf Grundsatz 11 der Säule Betreuung und Unterstützung von Kindern. Im Aktionsplan wird vorgeschlagen, dass die EU die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen, darunter mindestens 5 Mio. Kinder, bis 2030 um mindestens 15 Millionen senkt.

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