Beschäftigung, Soziales und Integration

Mindesteinkommen



Bei Mindesteinkommensleistungen handelt es sich um bedarfsabhängige Beihilfen, die von den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten als letztes Mittel zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung angeboten werden. Mindesteinkommensregelungen sind Teil der allgemeinen Sozialsysteme.

Mindesteinkommensleistungen sind in der Regel für Personen im erwerbsfähigen Alter vorgesehen und sollen das Existenzminimum für Einzelpersonen und deren Unterhaltsberechtigte sichern, wenn diese über keine oder nur unzureichende andere finanzielle Mittel verfügen.

Diese Leistungen sind ein wesentliches Instrument in den Mitgliedstaaten, um Einkommen zu sichern, Ungleichheiten zu verringern und Armut zu lindern. In allen Mitgliedstaaten gibt es Regelungen über Mindesteinkommen.

Herausforderungen

Bei der Angemessenheit (Höhe) und dem Umfang der Mindesteinkommensregelungen sowie ihrer Verknüpfung mit Aktivierungsmaßnahmen und unterstützenden Dienstleistungen zur sozialen Inklusion bestehen erhebliche Unterschiede.

Durchschnittlich haben rund 35 % der von Armut bedrohten EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter keinen Anspruch auf Mindesteinkommens- oder andere Sozialleistungen.

Die Höhe der Mindesteinkommensleistungen liegt meist weit unter den nationalen Armutsschwellen – sie variieren zwischen 20 % und 80 % der nationalen Schwellen und erreichen diese nur in einer sehr begrenzten Anzahl von Ländern.

In vielen Ländern fehlt es an angemessenen Vorkehrungen, die Bezieher(inne)n von Mindesteinkommen den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Gesamtwirksamkeit von Mindesteinkommensregelungen bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist allerdings unterschiedlich.

Politische Lösungsansätze

Europäische Säule sozialer Rechte

Während die Gestaltung der Sozialschutzsysteme in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, fördert die EU wirksame Mindesteinkommensregelungen und den Ansatz der aktiven Inklusion im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte und insbesondere des vierzehnten Grundsatzes.

Im Einklang mit dem Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte enthält die Empfehlung des Rates für ein angemessenes Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion (2023/C 41/01) Leitlinien für die Umsetzung von Grundsatz 14.

Die Empfehlung baut auf den beiden früheren politischen Initiativen auf und ersetzt die Empfehlung 92/441/EWG des Rates.

  • In der Empfehlung 92/441/EWG des Rates über gemeinsame Kriterien für ausreichende Zuwendungen und Leistungen im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit anzuerkennen, und Grundsätze sowie Leitlinien zur Gewährung dieses Anspruchs dargelegt.
  • In der Empfehlung 2008/867/EG der Kommission zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, eine integrierte Strategie zur aktiven Eingliederung auszuarbeiten, die eine angemessene Einkommensunterstützung, inklusive Arbeitsmarktmaßnahmen und den Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen umfasst. Die Umsetzung der Empfehlung wurde 2013 und 2017 überprüft.

Der Vorschlag der Kommission wurde durch eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen flankiert, die sich auf Simulationen für alle 27 Mitgliedstaaten zu ihren bestehenden Programmen und möglichen Reformen unter Verwendung des Mikrosimulationsmodells EUROMOD stützt. Dieses von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission verwaltete Tool ist frei verfügbar – und seine Nutzung soll in allen Mitgliedstaaten weiter ausgeweitet werden.

Ausschuss für Sozialschutz

Im Jahr 2018 billigte der Ausschuss für Sozialschutz einen speziellen Benchmarking-Rahmen, um die Überwachung von Mindesteinkommen, auch im Rahmen des Europäischen Semesters, zu unterstützen und die Aufwärtskonvergenz zu erleichtern.

Der Rahmen umfasst Angemessenheit, Abdeckung, aktivierende Elemente und Zugang zu Dienstleistungen, die in Bezug auf die Mindesteinkommensregelungen relevant sind. Er enthält Ergebnis- und Leistungsindikatoren und ermöglicht eine Bewertung der jeweiligen Elemente der Regelungen, insbesondere der Angemessenheit der Einkommensunterstützung anhand eines doppelten Indikators.

In der Empfehlung des Rates werden die Kommission und der Ausschuss für Sozialschutz aufgefordert, alle drei Jahre einen gemeinsamen Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlung auszuarbeiten. Der erste gemeinsame Bericht über die Mindestsicherung wurde vorgelegt, um einen Überblick über den aktuellen Stand in den EU-Mitgliedstaaten zu geben.

Schlussfolgerungen des Rates

Im Jahr 2020 wurde in den Schlussfolgerungen des Rates zur Stärkung der Mindestsicherung zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in der COVID-19-Pandemie und darüber hinaus daran erinnert, dass die Mindestsicherung zusammen mit Aktivierungs- und Befähigungsdienstleistungen eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung des Risikos von Armut und sozialer Ausgrenzung spielt und damit die am stärksten benachteiligten Menschen unterstützt, sowohl jetzt als auch in der Zukunft.

Finanzierung

Zur Unterstützung der Maßnahmen in diesem Bereich können die Mitgliedstaaten auch Mittel auf EU-Ebene in Anspruch nehmen, insbesondere aus dem Europäischen Sozialfonds Plus und der Aufbau- und Resilienzfazilität.

Weitergehende Maßnahmen

Der Ausschuss für Sozialschutz arbeitet regelmäßig an weiteren Maßnahmen in diesem Bereich, beispielsweise im Rahmen von Peer Reviews, die auf gemeinsame Lernerfahrungen („Benchlearning“) und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten abzielen.

Darüber hinaus hat der Ausschuss für Sozialschutz die Arbeitsgruppe „Netzwerk für Mindestsicherung“ (MINET) für den regelmäßigen Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Expert(inn)en der Mitgliedstaaten im Bereich des Mindesteinkommens eingerichtet.  

Die Kommission verfolgt Entwicklungen im Zusammenhang mit den Mindesteinkommensregelungen im Rahmen des Europäischen Semesters.

Der gemeinsame Beschäftigungsbericht gibt Aufschluss über die Angemessenheit der Regelungen.

In den Länderberichten wird eine Bestandsaufnahme der einschlägigen Reformen auf nationaler Ebene vorgenommen. Erforderlichenfalls werden länderspezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten ausgesprochen.

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