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Archive:Statistiken zum Fremdsprachenerwerb

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Datenauszug vom Juni 2015. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Die englische Version ist aktueller.
Abbildung 1: Anteil der Schüler des Primarbereichs, die Fremdsprachen lernen, nach Sprachen, 2012 (1)
(in %)
Quelle: Eurostat (educ_ilang), Statistisches Institut der UNESCO (UIS), OECD
Tabelle 1: Pro Schüler im Sekundarbereich II erlernte Fremdsprachen, 2007 und 2012 (1)
(in %)
Quelle: Eurostat (educ_thfrlan) und (educ_ilang), Statistisches Institut der UNESCO (UIS), OECD

In der Europäischen Union (EU) sind derzeit 24 Sprachen als Amtssprachen anerkannt. Daneben gibt es regionale Sprachen, Minderheitensprachen und von Migranten gesprochene Sprachen.

1958 wurden für die Europäischen Gemeinschaften, den Vorläufer der Europäischen Union (EU), Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch verbindlich als Amts- und Arbeitssprachen festgelegt. Es gab schon immer weniger Amtssprachen als EU-Mitgliedstaaten, da einige Länder gemeinsame Sprachen haben, z. B. Belgien, wo Niederländisch, Französisch und Deutsch Amtssprachen sind, oder Zypern, wo die Mehrheit der Bevölkerung Griechisch spricht. Seit dem Beitritt Kroatiens sind in der EU 24 Amtssprachen anerkannt. Daneben gibt es indigene regionale Sprachen, Minderheitensprachen (wie Katalanisch, Galizisch und Baskisch in Spanien oder Walisisch und Schottisch-Gälisch im Vereinigten Königreich) und Sprachen, die von Migrantenbevölkerungen in die EU gebracht wurden, so vor allem Arabisch, Türkisch, Urdu, Hindi und Chinesisch. Einigen regionalen Sprachen, wie Katalanisch und Walisisch, wurde der Status von Ko-Amtssprachen der Europäischen Union zuerkannt und der amtliche Gebrauch dieser Sprachen kann auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Rat und dem antragstellenden EU-Mitgliedstaat genehmigt werden.

Die Schule und andere Bildungseinrichtungen stellen für die überwiegende Mehrheit der Menschen die Hauptmöglichkeit zum Erlernen von Sprachen dar, obgleich die sprachliche Vielfalt in vielen Weiterbildungseinrichtungen und an vielen Arbeitsstellen gefördert wird. In diesem Artikel werden Statistiken zum Fremdsprachenerwerb an den Primar- und Sekundarschulen in den EU-Mitgliedstaaten sowie den EFTA- und Kandidatenländern vorgestellt.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Primarbereich

In den allermeisten EU-Mitgliedstaaten lernt (wählt) die große Mehrheit der Schüler im Primarbereich als erste Fremdsprache Englisch. In einigen Ländern ist Englisch im Sekundarbereich Pflichtfach; daher lag in mehreren EU-Mitgliedstaaten der Anteil der Schüler, die diese Sprache bereits im Primarbereich lernen, bei fast 100 % (siehe Abbildung 1). In Malta und Zypern lernten ebenso wie in Liechtenstein, Norwegen und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien 2012 alle Schüler im Primarbereich Englisch. Auch in Österreich, Spanien und Italien gab es hohe Anteile Englisch lernender Schüler im Primarbereich (zwischen 98,9 % und 99,6 %); in Polen, Kroatien und Frankreich waren es neun von zehn Schülern. Die relative Bedeutung von Englisch als Fremdsprache könnte dadurch noch verstärkt werden, dass die Schüler im Allgemeinen mehr Unterricht in ihrer ersten Fremdsprache erhalten als in weiteren Sprachen, die sie später noch dazulernen.

Viele der ost- und nordeuropäischen Länder, die der EU 2004 und 2007 beigetreten sind hatten gemeinsam, dass das Erlernen der russischen Sprache in der Vergangenheit verpflichtend war. Dies hat sich jedoch rasch geändert, und so ist in den meisten dieser Länder der Anteil der Schüler, die Englisch lernen, deutlich gestiegen und liegt oftmals über 50 %. In Lettland, Bulgarien, Litauen und der Slowakei stieg dieser Anteil im Jahr 2012 auf über 70 % und erreichte in Polen (wie bereits festgestellt) den Höchstwert von über 90 %.

Luxemburg nimmt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Sonderstellung ein, denn das Land hat drei Amtssprachen, und die meisten Schüler werden im Primarbereich in Luxemburgisch, Deutsch und Französisch unterrichtet, während Englisch als Fremdsprache erst im Sekundarbereich hinzukommt. Ähnlich stellt sich die Situation in Belgien dar, wo die Kinder im Primarbereich (je nach Gemeinschaft und/oder Region) zuerst Französisch oder Niederländisch und nicht Englisch lernen.

Der einzige andere EU-Mitgliedstaat, in dem neben Luxemburg mehr als ein Viertel der Schüler im Primarbereich Französisch als Fremdsprache lernte, war das Vereinigte Königreich, wo dieser Anteil sogar bei über zwei Drittel lag (70,2 %). Deutsch ist in Luxemburg, wo sie von allen Schülern im Primarbereich erlernt wird, die am häufigsten unterrichtete Fremdsprache und auch ein Fünftel aller Primarschüler in Ungarn und Kroatien lernte 2012 Deutsch.

Sekundarbereich

Im Jahr 2012 lernten im Sekundarbereich II, ISCED-Ebene 3, 94,5 % aller Schüler in der EU-28 Englisch und nur etwas weniger als ein Viertel Französisch (23,6 %) sowie etwas mehr als ein Fünftel Deutsch (20,9 %) – siehe Tabelle 1. Von 2007 bis 2012 erhöhte sich der Anteil der Schüler auf der ISCED-Ebene 3 in der EU-28, die Englisch lernten, um 2,0 Prozentpunkte, wogegen der Anteil der Schüler, die Französisch und Deutsch lernten, um 1,7 bzw. 7,6 Prozentpunkte abnahm.

Fast die Hälfte (50,6 %) der Schüler des Sekundarbereichs (ISCED-Ebene 3 gen.) lernte 2012 in der EU-28 zwei oder mehr Fremdsprachen und damit weniger als 2007, als dieser Anteil noch 57,2 % betrug. Luxemburg zeichnete sich als EU-Mitgliedstaat mit dem höchsten Anteil von Schülern des Sekundarbereichs aus, die zwei oder mehr Fremdsprachen erlernten (100 %), doch auch in Finnland, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Rumänien und Slowenien lagen die Anteile bei 98 % oder darüber; dabei ist zu beachten, dass der Indikator neben Deutsch, Englisch und Französisch auch alle weiteren Fremdsprachen umfasst. Die mit unter 10 % bei Weitem niedrigsten Anteile von Schülern des Sekundarbereichs, die zwei oder mehr Fremdsprachen erlernten, wurden in Irland, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Griechenland registriert.

Von 2007 bis 2012 stieg in Malta der Anteil der Schüler des Sekundarbereichs, die zwei oder mehr Fremdsprachen erlernten, ganz erheblich, nämlich von 26,6 % auf 64,7 %. Nur acht weitere EU-Mitgliedstaaten meldeten Zuwächse, wobei lediglich Estland (2006–2012), Lettland und Rumänien ebenfalls bei über 5,0 Prozentpunkten lagen. Die größten Rückgänge meldeten für den Zeitraum 2007–2012 die Niederlande und Zypern (2008–2012), wo die Anteile von 100 % im Jahr 2007 auf 82,4 % in Zypern und 69,8 % in den Niederlanden fielen.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Die Daten zur Zahl der Fremdsprachen lernenden Schüler werden zur entsprechenden Zahl der eingeschriebenen Schüler ins Verhältnis gesetzt; geistig behinderte Schüler an Förderschulen werden hierbei nicht berücksichtigt.

Die durchschnittliche Zahl der erlernten Fremdsprachen pro Schüler wird für verschiedene ISCED-Ebenen erhoben. Die Daten beziehen sich auf alle Schüler, auch wenn der Fremdsprachenunterricht auf der jeweiligen ISCED-Ebene nicht in den ersten Unterrichtsjahren beginnt. Der Indikator ist definiert als die Summe der Schüler, die eine Fremdsprache erlernen, dividiert durch die Gesamtzahl der Schüler der betreffenden Bildungsebene. Jeder Schüler, der eine Fremdsprache lernt, wird einmal für jede von ihm erlernte Fremdsprache erfasst, d. h. Schüler, die mehrere Fremdsprache lernen, werden auch mehrmals erfasst. In den Bildungsplänen der einzelnen Länder sind die Sprachen festgelegt, die in dem betreffenden Land als Fremdsprachen gelten; diese Definition wird bei der Datenerhebung zugrunde gelegt. Regionalsprachen werden berücksichtigt, soweit sie im Lehrplan als eine Alternative zu Fremdsprachen ausgewiesen sind. Erfasst werden lediglich Fremdsprachen, die als Pflichtfächer oder als Wahlpflichtfächer in den Lehrplänen geführt werden. Das Erlernen von Fremdsprachen, die außerhalb des Mindestlehrplans angeboten werden, wird bei der Berechnung des Indikators nicht berücksichtigt. Auch Drittstaatsangehörige, die im Rahmen von Sonderstunden Unterricht in ihrer Muttersprache erhalten oder die Sprache(n) des Aufnahmelandes erlernen, werden nicht mitgezählt.

Kontext

Seit mehreren Jahrzehnten müssen die meisten europäischen Kinder während ihrer Pflichtschulzeit mindestens eine Fremdsprache erlernen. 2002 sprach der Europäische Rat von Barcelona die Empfehlung aus, jeder Schüler sollte mindestens zwei Fremdsprachen lernen und damit bereits in einem sehr frühen Alter beginnen. Diese Empfehlung wurde seither in unterschiedlichem Umfang umgesetzt, in der Regel im Pflichtsekundarbereich, indem entweder eine zweite Fremdsprache zum Pflichtfach gemacht oder dafür gesorgt wurde, dass den Schülern im Lehrplan die Möglichkeit zum Erlernen einer zweiten Fremdsprache angeboten wird. Im September 2008 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung über „Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung“ (KOM(2008) 566 endg.), der im November 2008 eine Entschließung des Rates zu einer Europäischen Strategie für Mehrsprachigkeit (2008/C 320/01) folgte. Darin wird auf Sprachen im allgemeineren Kontext des sozialen Zusammenhalts und des Wohlstands eingegangen, wobei der Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Förderung des Fremdsprachenerwerbs und zur Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger beim Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen liegt. In der Entschließung werden die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission ersucht:

  • die Mehrsprachigkeit zu fördern, um den sozialen Zusammenhalt, den interkulturellen Dialog und das europäische Aufbauwerk zu stärken;
  • den Prozess des lebenslangen Erlernens von Sprachen zu stärken;
  • die Mehrsprachigkeit (besser) in den Dienst der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sowie der Mobilität und Beschäftigungsfähigkeit der Menschen zu stellen;
  • die sprachliche Vielfalt und den interkulturellen Dialog dadurch zu fördern, dass sie die Übersetzungstätigkeit verstärkt unterstützen, um die Verbreitung von Werken, Ideen und Wissen innerhalb Europas und in der Welt zu begünstigen;
  • die Sprachen der Europäischen Union in der Welt zu fördern.

Gemeinsam mit der UNESCO und der OECD erhebt die Europäische Kommission Daten zum Fremdsprachenunterricht in Europa und wertet sie aus. Auf dieser Grundlage werden aussagekräftige Indikatoren und Standards für Sprachenkompetenz auf europäischer Ebene entwickelt.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Pressemitteilungen

Statistische Bücher

Haupttabellen

Datenbank

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks