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Territoriale Typologien für europäische Städte und Metropolregionen

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Daten von Februar 2013


Dieser Artikel beschreibt zwei miteinander verbundene Typologien, die entwickelt wurden, um das gesamte geografische Gebiet der Europäischen Union (EU), Islands, Norwegens, der Schweiz und Kroatiens ohne Überschneidungen oder Auslassungen auf lokaler und regionaler Ebene zu erfassen. Die Typologien umfassen Folgendes:

  • die Definition einer Stadt und ihres Pendlereinzugsgebiets und
  • eine Typologie von Metropolregionen.

Im Gegensatz zu den Typologien im Artikel „Territorial typologies“ (Typologie des Verstädterungsgrades und regionale Stadt-Land-Typologie), die sich in erster Linie auf die Bevölkerungsdichte stützen, beziehen die beiden im vorliegenden Artikel vorgestellten Typologien eine funktionale Dimension ein. Beide sind Formen funktioneller städtischer Gebiete und basieren auf den Pendlerströmen einer Stadt.

Vollständiger Artikel

Funktionale städtische Gebiete: eine Stadt und ihr Pendlereinzugsgebiet

Definition einer Stadt

Abbildung 1: Definition einer Stadt – Rasterzellen mit hoher Bevölkerungsdichte, urbanes Zentrum und Stadt
(Graz, Österreich) – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung

Die neue Definition einer Stadt erfolgt in vier grundlegenden Schritten und basiert auf dem Vorhandensein eines „urbanen Zentrums“, eines neuen räumlichen Konzepts auf der Grundlage von Rasterzellen mit hoher Bevölkerungsdichte.

Schritt 1: Alle Rasterzellen mit einer Bevölkerungsdichte von 1500 Einwohnern je km² oder mehr werden ausgewählt (Bild 1 in Abbildung 1).

Schritt 2: Die sich berührenden [1] Zellen mit hoher Bevölkerungsdichte werden dann zu Clustern zusammengefasst, Lücken [2] werden geschlossen, und nur die Cluster mit einer Bevölkerung von mindestens 50 000 Einwohnern (Bild 2 in Abbildung 1) werden als „urbanes Zentrum“ beibehalten.

Schritt 3: Alle Gemeinden (lokale Verwaltungseinheiten der Ebene 2 (LAU2)), bei denen sich mindestens die Hälfte ihrer Bevölkerung in dem urbanen Zentrum befindet, werden als potenzielle künftige Teile einer Stadt ausgewählt (Bild 3 in Abbildung 1).

Schritt 4: Die Stadt wird so definiert, dass Folgendes sichergestellt ist:

  • Es besteht eine Verknüpfung zur politischen Ebene;
  • mindestens 50 % der Bevölkerung leben in einem urbanen Zentrum; und
  • mindestens 75 % der Bevölkerung des urbanen Zentrums leben in einer Stadt (Bild 4 in Abbildung 1).

In den meisten Fällen — auch im Beispiel Graz (in Österreich) — ist der letzte Schritt nicht erforderlich, da die Stadt normalerweise aus einer einzigen Gemeinde besteht, die das gesamte urbane Zentrum abdeckt, und da die überwiegende Mehrheit der Einwohner der Stadt in diesem urbanen Zentrum lebt.

Für 33 urbane Zentren, die sich weit über die Grenzen der Stadt erstrecken, wurde eine Ebene „Greater City“ (Ballungsraum) geschaffen, um die internationale Vergleichbarkeit zu verbessern (zu ausführlicheren Erläuterungen siehe die Veröffentlichung „Regional Focus 01/2012)“ (auf Englisch) der Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung.

Um sicherzustellen, dass die oben erläuterte Definition alle relevanten Zentren erfasst, wurden nationale statistische Behörden konsultiert, und es wurden kleinere Anpassungen vorgenommen, sofern diese erforderlich und mit diesem Ansatz konsistent waren.


Identifizierung eines Pendlereinzugsgebiets

Abbildung 2: Wie man eine Stadt und ihr Pendlereinzugsgebiet definiert (Genova, Italien) – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung

Sobald alle Städte definiert wurden, kann ein Pendlereinzugsgebiet auf der Grundlage von Pendlerverkehrsmustern anhand der folgenden Schritte bestimmt werden:

  • Wenn 15 % der Beschäftigten, die in einer Stadt leben, in einer anderen Stadt arbeiten, werden diese beiden Städte als eine einzige Stadt behandelt (Bild 1 in Abbildung 2).
  • Alle Gemeinden, bei denen mindestens 15 % ihrer erwerbstätigen Einwohner in einer Stadt arbeiten, werden ermittelt (Bild 2 in Abbildung 2).
  • Gemeinden, die von einem einzigen funktionellen Gebiet umgeben [3] sind, werden aufgenommen, und nicht angrenzende Gemeinden werden ausgeschlossen (Bild 3 in Abbildung 2).

Die funktionales städtisches Gebiet (FUA-"Functional urban area") umfasst die Stadt und das Pendlereinzugsgebiet.

Karte 1: Urban-Audit-Städte und funktionale städtische Gebiete , 2012 (1) – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung

Zu weiteren Einzelheiten über die Quellen und die Bezugsjahre für die Pendlereinzugsgebiete siehe „Regional Focus 01/2012: Cities in Europe — The new OECD-EC definition“ (Lewis Dijkstra und Hugo Poelman, auf Englisch).

Typologie von Metropolregionen

Karte 2: Typologie von Metropolregionen, 2012 (1) – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung

Metropolregionen sind Annäherungen der funktionale städtische Gebiete (Städte und Pendlereinzugsgebiete) auf NUTS-Ebene 3 mit mindestens 250 000 Einwohnern, die die oben beschriebene Definition erfüllen. Jede Metropolregion umfasst eine oder mehrere NUTS-3-Regionen und ist nach der wichtigsten funktionales städtisches Gebiet innerhalb ihrer Grenzen benannt.

Die Typologie unterscheidet drei Arten von Metropolregionen:

  • Hauptstadt-Metropolregionen,
  • Metropolregionen der zweiten Kategorie und
  • kleinere Metropolregionen.

Die Hauptstadt-Metropolregion umfasst die Hauptstadt des Staates. Metropolregionen der zweiten Kategorie sind die Gruppe der größten Städte in einem Land mit Ausnahme der Hauptstadt. Für diesen Zweck kann kein fester Grenzwert für die Bevölkerungszahl verwendet werden. Daher wurde ein natürlicher Schwellenwert genutzt, um die Metropolregionen der zweiten Kategorie von den kleineren Metropolregionen abzugrenzen. Die Regionen, die nicht zu einer Metropolregion gehören, werden einfach als Nicht-Metropolregionen bezeichnet. Diese Typologie kann noch weiter vereinfacht werden, indem alle einzelnen Metropolregionen zu übergeordneten Metropolregionen zusammengefasst werden.

Die Grenzen einer funktionales städtisches Gebiet stimmen nicht zwangsläufig mit denen der NUTS-3-Regionen überein. Daher wurden NUTS-3-Regionen, in denen mindestens 50 % der regionalen Bevölkerung innerhalb einer bestimmten funktionales städtisches Gebiet leben, als Bestandteile der Metropolregion ausgewählt, die zu dieser funktionales städtisches Gebiet gehört. In einigen Fällen stimmt die Annäherung der NUTS-3-Region weitgehend mit der funktionales städtisches Gebiet überein. In anderen Fällen kann die Metropolregion größer oder kleiner als die funktionales städtisches Gebiet sein. Jede funktionales städtisches Gebiet wird durch mindestens eine NUTS-3-Region repräsentiert, selbst wenn weniger als 50 % der Bevölkerung dieser NUTS-3-Region in der funktionales städtisches Gebiet leben.

Verbindungen zwischen der Definition einer Stadt und ihres Pendlereinzugsgebiets einerseits und der Typologie des Verstädterungsgrades andererseits

Abbildung 3: Städte und Pendlereinzugsgebiete im Vergleich mit dem Verstädterungsgrad an der polnisch-slowakischen Grenze – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung

Der erste Baustein der oben angeführten Definition einer Stadt ist das urbane Zentrum. Dieser Baustein ist identisch mit dem in der Typologie des Verstädterungsgrades verwendeten Konzept. Die Stadt (oder das dicht besiedelte Gebiet) gemäß der Definition des Verstädterungsgrades ist also identisch mit der in diesem Artikel beschriebenen Definition der Stadt. Die beiden nachstehenden Karten zeigen die zwei lokalen Typologien für das polnisch-slowakische Grenzgebiet.

Die Unterschiede werden im zweiten Baustein deutlich. Mit der Definition der Stadt werden sich berührende Gebiete mit starken Pendlerströmen erfasst. Dies sind die Pendlereinzugsgebiete (siehe Abbildung 3).

Der Verstädterungsgrad legt Städte und Vororte (oder Gebiete mit mittlerer Bevölkerungsdichte) und ländliche Gebiete (oder dünn besiedelte Gebiete) auf Basis der Bevölkerungsdichte fest. Entsprechend ergeben sich zwischen diesen beiden Kategorien und den Pendlereinzugsgebieten einige Überschneidungen. Die Kategorie der Städte und Vororte kommt innerhalb von Pendlereinzugsgebieten (in diesem Fall eher Vororte) sowie außerhalb von Pendlereinzugsgebieten (in diesem Fall: Städte) vor. Ländliche Gebiete liegen weitgehend außerhalb von Pendlereinzugsgebieten, aber einige ländliche Gebiete haben starke Pendelverbindungen mit einer nahegelegenen Stadt entwickelt und sind daher ebenfalls einigen Pendlereinzugsgebieten zuzurechnen.

Keine Verbindung zwischen Metropolregionen und der regionalen Stadt-Land-Typologie

Die beiden Typologien auf lokaler Ebene haben einen Typ — Städte — gemeinsam, während die beiden regionalen Typologien jeweils unterschiedliche Typen umfassen. Die Typologie der Metropolregionen unterteilt NUTS-3-Regionen in Metropolregionen und Nicht-Metropolregionen, während die Stadt-Land-Typologie NUTS-3-Regionen in überwiegend städtische Regionen, Regionen mit mittlerer Bevölkerungsdichte und überwiegend ländliche Regionen unterteilt.

Trotz fehlender identischer Regionstypen oder ­klassen sind die beiden regionalen Typologien recht ähnlich:

  • die meisten städtischen Regionen sind Metropolregionen und umgekehrt;
  • die meisten ländlichen Regionen sind Nicht-Metropolregionen und umgekehrt;
  • Regionen mit mittlerer Bevölkerungsdichte teilen sich zwischen Metropolregionen und Nicht-Metropolregionen auf.

Abbildung 4 zeigt die Klassifikation von Regionen in der Nähe der polnisch-slowakischen Grenze und enthält Beispiele für die größten Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden regionalen Typologien. Die Unterschiede sind in erster Linie auf drei Ursachen zurückzuführen: eine unterschiedliche Logik, unterschiedliche Schwellenwerte für die Bevölkerungsgröße und eine unterschiedlichen Zahl von Klassen.

Abbildung 4: Metropolregionen und Nicht-Metropolregionen im Vergleich mit der Stadt-Land-Typologie an der polnisch-slowakischen Grenze – Quelle: Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung
  1. Die unterschiedliche Logik, die den beiden Typologien zugrunde liegt, kann als morphologisch bzw. funktionell beschrieben werden. Die Stadt-Land-Typologie stützt sich stärker auf die Bevölkerungsgröße und ­dichte, die wiederum durch die Stadtform bestimmt wird; dies ist also eine Variante einer morphologischen Definition. Die Typologie der Metropolregionen beruht darauf, dass es ein urbanes Zentrum gibt und dass funktionelle wirtschaftliche Verbindungen mit diesem Zentrum bestehen.
  2. Die beiden Typologien verwenden sehr unterschiedliche Schwellenwerte für die Bevölkerungsgröße. Metropolregionen entsprechen Städten, die zusammen mit Pendlereinzugsgebieten mindestens 250 000 Einwohner haben. Städtische Regionen sind urbane Zentren mit mindestens 50 000 Einwohnern. (Dies ist auch die Definition von Städten („cities“)) und/oder städtische Cluster mit mindestens 5000 Einwohnern (dies ist auch die Definition von Städten („towns“) und Vororten.)
  3. Die Stadt-Land-Typologie umfasst drei Regionstypen, während die Typologie der Metropolregionen nur zwei umfasst.

Aufgrund dieser Unterschiede werden einige städtische Regionen als Nicht-Metropolregionen eingestuft, da die Stadt und ihr Pendlereinzugsgebiet zu klein sind (oder die Region keine Stadt umfasst). Einige ländliche Regionen können als Teil einer Metropolregion eingestuft werden, wenn sie starke Pendelverbindungen mit einer Stadt in der gleichen oder einer benachbarten Region haben.

Datenquellen

Diese beiden Typologien — die Definition einer Stadt und ihres Pendlereinzugsgebiets und die Typologie der Metropolregionen — wurden so entwickelt, dass sie drei verschiedene Datenquellen nutzen können: das Urban Audit, Erhebungsdaten unter Verwendung des Verstädterungsgrades und Daten zur NUTS-Ebene 3.

Das Urban Audit erfasst jährlich eine eingeschränkte Zahl von Schlüsselindikatoren für einzelne Städte und ihre funktionales städtisches Gebiet (FUA). Diese neue Definition stellt eine gute internationale Vergleichbarkeit innerhalb Europas und — durch die Zusammenarbeit mit der OECD — auch außerhalb Europas sicher.

Erhebungen unter Verwendung des Verstädterungsgrades können Datenpunkte für alle Städte eines Landes bereitstellen. Normalerweise ist die Stichprobe innerhalb von Städten ausreichend, um zuverlässige Schätzwerte für die Leitindikatoren (d. h. die Schlüsselindikatoren, die sich auf die gesamte Bevölkerung beziehen) bereitzustellen. Diese Quelle kann jedoch keine Daten für das Pendlereinzugsgebiet bereitstellen, und in den meisten Fällen ist die Stichprobe auch zu klein, um Zahlen für individuelle Städte zu ermitteln. Die wichtigste Ausnahme bilden die Daten der Arbeitskräfteerhebung für Städte, die gleichzeitig NUTS-2-Regionen sind, wie z. B. Inner London und Outer London im Vereinigten Königreich, Région de Bruxelles-Capitale/Brussels Hoofdstedelijk Gewest in Belgien, Wien in Österreich oder Praha in der Tschechischen Republik.

Die Metropolregionen ermöglichen eine Analyse von Daten der NUTS-Ebene 3. Dies ist besonders nützlich für die Analyse von Änderungen des BIP oder der Beschäftigung (nach Branche) und erleichtert eine Bewertung der Unterschiede des BIP je Einwohner, der Arbeitsproduktivität und des Beschäftigungsanteils sowie der Änderungen im Laufe der Zeit. Darüber hinaus sind mehrere andere Datenerhebungen für Metropolregionen verfügbar, darunter Patentdaten, Bevölkerungsänderungen und Wanderungssaldo.

Kontext

Die Europäische Kommission hat Typologien auf der Grundlage der Bevölkerungsgröße und ­dichte sowie der Pendlerströme eingeführt, um die Lage und die Entwicklung in Städten und Metropolregionen zu beobachten.

Im Vertrag von Lissabon wird der territoriale Zusammenhalt neben dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt als eines der Ziele der EU genannt. Dieses Konzept wurde in einem Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt: Territoriale Vielfalt als Stärke (KOM(2008) 616) vorgestellt, und der Hintergrund wurde im Sechsten Zwischenbericht über den Zusammenhalt (2009) zusammengefasst. Im Fünften Bericht über den Zusammenhalt werden die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem territorialen Zusammenhalt erläutert, und es wird dargelegt, wie diese in politische Vorschläge einbezogen werden können. Eine der wichtigsten Fragen ist der Bedarf an Daten über unterschiedliche territoriale Ebenen, insbesondere für untergeordnete (detailliertere) geografische Einheiten. Die Definition der Stadt und die Typologie der Metropolregionen bieten neue Einblicke in Entwicklungen auf lokaler und regionaler Ebene und verbessern die Datenverfügbarkeit durch Verknüpfung und Vereinfachung der Zahl territorialer Definitionen.

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Veröffentlichungen

Fußnoten

  1. Die Kontiguität für Cluster mit hoher Bevölkerungsdichte schließt die Diagonale (d. h. Zellen, die sich nur an den Ecken berühren) nicht ein.
  2. Lücken in Clustern mit hoher Bevölkerungsdichte werden iterativ anhand der Mehrheitsregel geschlossen. Die Mehrheitsregel besagt, dass eine Zelle zu einem Cluster mit hoher Bevölkerungsdichte hinzugefügt wird, wenn mindestens fünf der acht sie umgebenden Zellen zu dem gleichen Cluster mit hoher Bevölkerungsdichte gehören. Dies wird wiederholt, bis keine Zellen mehr hinzugefügt werden.
  3. Ein „umgebenes“ Gebiet ist definiert als ein Gebiet, das eine gemeinsame Landgrenze von 100 % mit dem funktionellen Gebiet hat.