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Archive:Statistiken über gesunde Lebensjahre

Datenauszug vom Mai 2017.

Die deutsche Sprachversion dieses Artikels wurde im Februar 2019 archiviert.

Ob wir die zusätzlichen Lebensjahre, die wir durch die gestiegene Lebenserwartung erhoffen können, bei guter Gesundheit verbringen, ist eine entscheidende Frage. Da sich diese Frage durch den Indikator Lebenserwartung bei der Geburt nicht vollständig beantworten lässt, wurden Indikatoren für die Gesundheitserwartung entwickelt, zum Beispiel der Indikator für gesunde Lebensjahre (GLJ) (auch als behinderungsfreie Lebenserwartung bezeichnet). Bei diesen Indikatoren liegt der Schwerpunkt auf der Lebensqualität im Sinne einer guten Gesundheit und nicht auf der Lebensdauer, die anhand der Lebenserwartung gemessen wird. Der Indikator „gesunde Lebensjahre“ ist eine wichtige Messgröße für die relative Gesundheit von Bevölkerungsgruppen in der Europäischen Union (EU).

Dieser Artikel gehört zu einer Reihe von Artikeln über die Statistik des Gesundheitszustands in der EU, die im Rahmen einer Online-Veröffentlichung über Gesundheitsstatistiken (auf Englisch) erscheinen.

Abbildung 1: Gesunde Lebensjahre bei der Geburt, Frauen, 2010 und 2015
(in Jahren)
Quelle: Eurostat (hlth_hlye)
Abbildung 2: Gesunde Lebensjahre bei der Geburt, Männer, 2010 und 2015
(in Jahren)
Quelle: Eurostat (hlth_hlye)
Abbildung 3: Gesunde Lebensjahre mit 65 Jahren, Frauen, 2010 und 2015
(in Jahren)
Quelle: Eurostat (hlth_hlye)
Abbildung 4: Gesunde Lebensjahre mit 65 Jahren, Männer, 2010 und 2015
(in Jahren)
Quelle: Eurostat (hlth_hlye)
Tabelle 1: Gesunde Lebensjahre, 2015
(in Jahren)
Quelle: Eurostat (hlth_hlye)

Wichtigste statistische Ergebnisse

Im Jahr 2015 wurde die Zahl der bei der Geburt zu erwartenden gesunden Lebensjahre in der EU-28 auf 63,3 Jahre für Frauen und 62,6 Jahre für Männer geschätzt. Diese Werte entsprachen rund 76 % der gesamten Lebenserwartung bei der Geburt für Frauen und 80 % für Männer.

Der geschlechtsspezifische Unterschied hinsichtlich der gesunden Lebensjahre war deutlich geringer als bei der Lebenserwartung insgesamt

Frauen hatten 2015 in der EU-28 eine um durchschnittlich 5,4 Jahre höhere Lebenserwartung als Männer. Allerdings ist davon auszugehen, dass Frauen in dieser längeren Lebenszeit mit Aktivitätseinschränkungen leben müssen. Tatsächlich fiel das geschlechtsspezifische Gefälle beim Indikator für gesunde Lebensjahre mit 0,7 Jahren zugunsten der Frauen deutlicher geringer als bei der Lebenserwartung insgesamt aus. Im Allgemeinen ist ein größerer Anteil der im Vergleich zu den Frauen etwas kürzeren Lebenszeit von Männern frei von Aktivitätseinschränkungen.

Betrachtet man alle EU-Mitgliedstaaten, so lag 2015 die Lebenserwartung bei der Geburt für Frauen zwischen 78,2 Jahren in Bulgarien und 85,8 Jahren in Spanien – die Differenz betrug 7,6 Jahre. Die Lebenserwartung von Männern war 2015 mit 69,2 Jahren in Litauen am niedrigsten und in Schweden mit 80,4 Jahren am höchsten, was einer Spanne von 11,2 Jahren entspricht. Die entsprechenden Werte für die bei der Geburt zu erwartenden gesunden Lebensjahre lagen für Frauen zwischen 54,1 Jahren in Lettland und 74,6 Jahren in Malta (eine Spanne von 20,5 Jahren) und für Männer zwischen 51,8 Jahren in Lettland und 74,0 Jahren in Schweden (eine Spanne von 22,2 Jahren). In 19 EU-Mitgliedstaaten hatten Frauen mehr gesunde Lebensjahre bei der Geburt zu erwarten als Männer, wobei die Differenz zwischen den Geschlechtern durchweg relativ klein war; nur in den drei Mitgliedstaaten Litauen, Bulgarien und Polen betrug sie mehr als 3,0 Jahre.

Daraus geht hervor, dass es zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der (gesundheitlichen) Qualität der zu erwartenden Lebenszeit ihrer jeweiligen Bevölkerung erheblich größere Unterschiede gibt als bei der allgemeinen Lebenserwartung. Eine in Portugal geborene Frau konnte 2015 damit rechnen, knapp zwei Drittel (65 %) ihres Lebens ohne Beeinträchtigungen zu verbringen, während dieser Wert in Schweden bei 88 % und in Malta bei 89 % lag. 2015 konnten in Estland und in Österreich geborene Männer davon ausgehen, 73 % ihres Lebens ohne Aktivitätseinschränkungen zu verbringen, während dieser Anteil in Malta 91 % und in Schweden 92 % erreichte.

Ein Vergleich zwischen den gesunden Lebensjahren von Männern und Frauen im Alter von 65 Jahren zeigt, dass 2015 in elf EU-Mitgliedstaaten Frauen mit mehr gesunden Lebensjahren rechnen konnten als Männer. Das galt insbesondere für Schweden, wo Frauen im Alter von 65 Jahren erwarten konnten, 1,1 Jahre länger ohne Beeinträchtigungen zu leben als Männer. Dagegen konnten Männer in Zypern und in den Niederlanden davon ausgehen, 1,1 Jahre länger ohne Beeinträchtigungen zu leben als Frauen, in Portugal 1,6 Jahre und in Luxemburg 2,0 Jahre.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Eurostat berechnet die Daten zu gesunden Lebensjahren für drei Altersstufen, bei der Geburt, im Alter von 50 und von 65 Jahren. Der Indikator wird für Frauen und für Männer gesondert dargestellt. Er wird anhand von Statistiken über Sterblichkeit und Daten über selbstwahrgenommene lang andauernde Aktivitätseinschränkungen (auf Englisch) berechnet. Die Sterblichkeitsdaten stammen aus der Bevölkerungsdatenbank von Eurostat und die Daten zu selbstwahrgenommenen lang andauernden Aktivitätseinschränkungen aus dem europäischen Mindestmodul zur Gesundheit (MEHM) (auf Englisch), das in die Erhebung der EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) integriert ist.

Selbstwahrgenommene lang andauernde gesundheitsbedingte Einschränkungen bei üblicherweise ausgeübten Aktivitäten

Die EU-SILC wird in einem Hintergrundartikel (auf Englisch) ausführlicher beschrieben. Er informiert über den Erfassungsbereich der Daten, die Rechtsgrundlage und die verwendete Methodik sowie über einschlägige Konzepte und Definitionen.

In der EU-SILC werden alle privaten Haushalte und ihre Mitglieder erfasst (Gebietsansässige zum Zeitpunkt der Datenerfassung); Personen in Gemeinschaftshaushalten sind folglich nicht einbezogen.

Die im Rahmen der EU-SILC gestellte relevante Frage zur lang andauernden Aktivitätseinschränkung lautet: „Wie stark waren Sie mindestens während der letzten sechs Monate wegen eines gesundheitlichen Problems in Ihren alltäglichen Verrichtungen eingeschränkt? Waren Sie nach eigener Einschätzung:

  • stark eingeschränkt?
  • mäßig eingeschränkt?
  • gar nicht eingeschränkt?“

Dateneinschränkungen

Der in diesem Artikel präsentierte Indikator stützt sich auf Selbstangaben, d. h. er wird bis zu einem gewissen Grad von der subjektiven Wahrnehmung der Befragten und von ihrem sozialen und kulturellen Hintergrund beeinflusst.

In Institutionen wie Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen lebende Personen, die eher in ihren Aktivitäten eingeschränkt sein dürften als in privaten Haushalten lebende Personen, werden in der EU-SILC nicht erfasst. Daher dürften die aus dieser Quelle stammenden Daten zu Personen mit Aktivitätseinschränkungen zu niedrig angesetzt sein. Dass die EU-SILC auf nationaler Ebene durchgeführt wurde, könnte sich durch unterschiedlich formulierte Fragen ebenfalls auf die Ergebnisse ausgewirkt haben.

Zwischen 2014 und 2015 kam es zu einem nennenswerten Bruch in den Zeitreihen für lang andauernde gesundheitsbedingte Aktivitätseinschränkungen in Deutschland, der sich ebenfalls auf die Ergebnisse für die Gesamtgröße für die EU-28 ausgewirkt hat.

Kontext

Es ist schwierig, den Gesundheitszustand einer Bevölkerung zu messen, weil er sich für Einzelpersonen, Personengruppen, Kulturgemeinschaften oder auch über bestimmte Zeiträume hinweg nur schwer definieren lässt. Daher wird zur Bestimmung der Gesundheitssituation eines Landes häufig die Lebenserwartung als demografische Größe verwendet, u. a., weil sie auf dem Tod als einem einfachen und leicht zu verstehenden Merkmal basiert. Die Lebenserwartung bei der Geburt ist der nach wie vor am meisten verwendete Indikator für die Gesundheitssituation und die wirtschaftliche Entwicklung. Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen, dass er im letzten Jahrhundert schnell gestiegen ist; dazu zählen der Rückgang der Säuglingssterblichkeit, der Anstieg des Lebensstandards, eine gesündere Lebensweise und bessere Bildung sowie Fortschritte im Gesundheitswesen und in der Medizin.

Den meisten Menschen ist zwar bewusst, dass nachfolgende Generationen länger leben, doch über den Gesundheitszustand der alternden Bevölkerung in der EU ist weniger bekannt. Mit den Indikatoren für gesunde Lebensjahre wird das Konzept der Lebensqualität eingeführt. Damit wird die Zahl der Jahre angegeben, die einer Person voraussichtlich ohne Beeinträchtigungen durch Krankheiten oder Behinderungen verbleiben. Chronische Erkrankungen, Gebrechlichkeit, psychische Störungen und körperliche Behinderungen nehmen in höherem Alter zu und können die Lebensqualität der Betroffenen verringern. Gleichzeitig können sich die damit einhergehenden Belastungen auf das Gesundheitswesen und das Rentensystem auswirken.

Mit den Indikatoren für gesunde Lebensjahre wird Gesundheit auch als Produktions- oder Wirtschaftsfaktor beobachtet. Eines der Hauptziele der EU-Gesundheitspolitik besteht darin, einen Zuwachs an gesunden Lebensjahren zu erreichen. Dies würde nicht nur dazu führen, dass sich die Lage des Einzelnen verbessert (da Gesundheit und ein langes Leben grundlegende Ziele menschlichen Handelns sind), sondern auch die öffentlichen Gesundheitsausgaben zurückgehen lassen und es den Menschen wahrscheinlich ermöglichen, im Alter länger zu arbeiten. Wenn die Zahl der gesunden Lebensjahre schneller steigt als die Lebenserwartung, leben die Menschen nicht nur länger, sondern auch einen größeren Teil ihres Lebens ohne gesundheitliche Probleme.

Im November 2010 verabschiedete die Europäische Kommission eine Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für den Zeitraum 2010-2020. Damit wird angestrebt, die soziale Eingliederung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, ihr Wohlergehen zu steigern und ihnen die uneingeschränkte Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen. Die Strategie basiert auf dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (auf Englisch). Weitere Informationen enthält ein Artikel über funktionelle Beeinträchtigungen und Aktivitätseinschränkungen (auf Englisch).

Ziel des Pilotprojekts „Europäische Innovationspartnerschaft für aktives und gesundes Altern“ (auf Englisch) ist es, die Zahl der gesunden Lebensjahre der europäischen Bürgerinnen und Bürger bis 2020 durchschnittlich um zwei Jahre zu erhöhen. Dazu sollen die Gesundheit und die Lebensqualität verbessert, die Gesundheits- und Sozialsysteme nachhaltig und effizient gestaltet und Wachstums- und Marktchancen für die Wirtschaft geschaffen werden. An dieser Partnerschaft beteiligen sich die Europäische Kommission, die EU-Mitgliedstaaten, die Regionen, die Wirtschaft, Angehörige der Gesundheits- und Sozialberufe sowie Senioren- und Patientenverbände. Ziel ist es, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern und sie zu unterstützen, damit sie sich in die Gesellschaft einbringen können; dadurch sollen die Gesundheits- und Pflegesysteme entlastet werden, was letztendlich zu nachhaltigem Wachstum beiträgt.

Im Februar 2012 nahm die Europäische Kommission die Mitteilung mit dem Titel „Den strategischen Durchführungsplan der Europäischen Innovationspartnerschaft ‚Aktivität und Gesundheit im Alter‘ voranbringen“ (COM(2012) 83 final) an, die einen Innovationsschub im Bereich gesundes und aktives Altern auslösen soll.

Siehe auch

Online-Veröffentlichungen

Gesundheitszustand

Methodik

Allgemeine Artikel zu Gesundheitsstatistiken

Weitere Informationen von Eurostat

Haupttabellen

Gesunde Lebensjahre und Lebenserwartung bei der Geburt nach Geschlecht (tsdph100)
Gesunde Lebensjahre und Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren nach Geschlecht (tsdph220)

Datenbank

Gesunde Lebensjahre (hlth_hly)
Gesunde Lebensjahre (ab 2004) (hlth_hlye)
Gesunde Lebensjahre (1995-2003) (hlth_hlye_h)
Gesunde Lebenserwartung basierend auf der selbstwahrgenommenen Gesundheit (hlth_silc_17)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Weblinks