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Document 52021DC0761

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bessere Arbeitsbedingungen für ein stärkeres soziales Europa: die Vorteile der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit in vollem Umfang nutzen

COM/2021/761 final

Brüssel, den 9.12.2021

COM(2021) 761 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Bessere Arbeitsbedingungen für ein stärkeres soziales Europa: die Vorteile der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit in vollem Umfang nutzen


1. Einleitung

Die Digitalisierung macht innovative Dienstleistungen, neue Geschäftsmodelle und neue Formen der Arbeitsorganisation möglich. Die von großen Datenmengen und leistungsstarken Technologien wie der künstlichen Intelligenz (KI) angetriebene Digitalisierung verbindet die Welt, fördert die internationale Zusammenarbeit und rationalisiert die Art und Weise, wie Organisationen arbeiten und Arbeitnehmer geführt werden.

Neue Technologien ermöglichen die Automatisierung eines Großteils der täglichen Verwaltungsarbeit und der sich wiederholenden Aufgaben, mit denen die Beschäftigten früher stundenlang beschäftigt waren, sodass sie sich auf kreativere, analytische und strategische Arbeiten konzentrieren können, die ihrem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Digitalisierung macht Telearbeit und hybride Arbeitsformen für eine wachsende Zahl von Unternehmen zu einer praktikablen Lösung, die eine flexiblere Arbeitsorganisation und eine höhere Produktivität ermöglichen und gleichzeitig einen Beitrag zur Einhaltung der Verpflichtungen der EU im Umweltbereich leisten kann. Digitale Arbeitsplattformen können das Angebot und die Nachfrage nach Arbeitskräften effizient zusammenbringen und Chancen für Kunden, Arbeitnehmer und Selbstständige schaffen.

Neben diesen Chancen bringt der digitale Wandel jedoch auch Herausforderungen mit sich. Die Arbeitsbedingungen in der EU gehören zu den besten der Welt. Die Einhaltung von Mindestanforderungen in Bezug auf die Arbeitszeit, die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, den sozialen Schutz und die Gleichbehandlung von Personen (einschließlich des gleichen Entgelts für Männer und Frauen) sind Teil des europäischen Sozialmodells. Die zunehmende Digitalisierung wirkt sich jedoch in einer Weise auf die Arbeitsmärkte aus, die dieses Modell in Frage stellt. Neue Formen der Arbeitsorganisation führen dabei nicht automatisch zu hochwertigen Arbeitsplätzen.

Die Grundsätze, auf denen unsere europäische soziale Marktwirtschaft beruht, sollten daher nicht als selbstverständlich angesehen werden und sie müssen geschützt werden. Einige Menschen werden zunehmend benachteiligt, darunter viele, die im Rahmen von prekären Arbeitsbedingungen über digitale Arbeitsplattformen arbeiten. Neue Formen der Arbeitsorganisation, wie z. B. die Plattformarbeit, machen die korrekte Klassifizierung von Personen als Arbeitnehmer oder Selbstständige schwieriger. Dies führt dazu, dass einigen Menschen der Zugang zu ihren Rechten und dem Schutz, die mit dem Arbeitnehmerstatus verbunden sind, zu Unrecht verwehrt wird. Andere kommen dagegen nicht in den Genuss der wirklichen Autonomie, die mit dem Selbstständigenstatus verbunden ist.  Angesichts der zunehmenden Verbreitung algorithmischer Tools in der Arbeitswelt rücken Fragen der Überwachung, der Datennutzung, der Gleichstellung und Diskriminierung (z. B. geschlechtsspezifische Vorurteile bei der Entwicklung algorithmischer Instrumente) und der Anwendung des algorithmischen Managements immer stärker in den Vordergrund.

Nach der Zusage von Präsidentin von der Leyen 1 schlägt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Bereich der Plattformarbeit vor. 

Auf dem Sozialgipfel in Porto im Mai 2021 erneuerten die EU-Führungsspitzen ihre Zusage, die europäische Säule sozialer Rechte in der Praxis umzusetzen. Das Paket zur Plattformarbeit ist zusammen mit den Initiativen der Kommission zur künstlichen Intelligenz 2 und zur digitalen Kompetenz 3 ein Schlüsselelement unserer Vision für ein soziales Europa in einer digitalisierten Zeit 4 . Diese Vision ist in der europäischen Säule sozialer Rechte und dem begleitenden Aktionsplan verankert. Mit dieser Vision wird eine Zukunft angestrebt, in der sich die digitale Wirtschaft nachhaltig entwickelt und die vielen Versprechen einlöst, die sie in sich birgt, und in der neue Geschäftsmodelle zu mehr und besseren Arbeitsplätzen führen, wobei hohe soziale Standards eingehalten werden.

2. Plattformarbeit – Warum wir handeln müssen

Die Plattformarbeit steht für eine Arbeitswelt, die sich ständig verändert. Sie ermöglicht es vielen Menschen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder ihr Einkommen aufzubessern, auch solchen, die sonst nur schwer Zugang zum Arbeitsmarkt finden, wie Geringverdiener, Frauen, junge Menschen, Menschen mit Behinderungen, Migranten oder Angehörige ethnischer Minderheiten. Sie bietet die Chance, sich einen Kundenstamm aufzubauen oder zu erweitern, teilweise auch grenzüberschreitend. Die Plattformarbeit verschafft den Unternehmen einen viel breiteren Zugang zu den Verbrauchern, sie schafft ferner Möglichkeiten zur Diversifizierung der Einnahmen und zur Entwicklung neuer Geschäftszweige und hilft ihnen so zu wachsen. Für die Verbraucher ermöglicht sie einen verbesserten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen, die sonst nur schwer zu erreichen sind, sowie eine neue und größere Auswahl an Dienstleistungen.

Die digitale Plattformwirtschaft wächst schnell. Zwischen 2016 und 2020 haben sich die Umsätze in diesem Bereich von schätzungsweise 3 Mrd. EUR auf rund 14 Mrd. EUR fast verfünffacht 5 . Die Umsätze könnten sogar noch höher sein, eine andere Studie schätzt sie auf 20,3 Mrd. EUR 6 . Heute arbeiten über 28 Millionen Menschen in der EU über digitale Arbeitsplattformen. Im Jahr 2025 wird diese Zahl voraussichtlich auf 43 Millionen ansteigen.

Die Plattformarbeit ist alles andere als homogen. Digitale Arbeitsplattformen sind in einer Vielzahl von Wirtschaftssektoren tätig: von den sichtbarsten Dienstleistungen „vor Ort“ wie Fahrdiensten, Lieferdiensten oder Hausarbeit über Mikroaufgaben wie KI-Training oder Datenverschlüsselung bis hin zu hoch qualifizierten kreativen oder spezialisierten Arbeiten wie architektonische Gestaltung, Übersetzungen oder IT-Entwicklung. Digitale Arbeitsplattformen organisieren die Arbeit auf unterschiedliche Weise und gewähren den Menschen, die über sie arbeiten, ein unterschiedliches Maß an Autonomie und Selbstständigkeit. Für manche ist die Arbeit auf der Plattform die Haupterwerbsquelle, für andere ist sie lediglich eine zusätzliche Einkommensquelle. Wenn all diese Menschen die neuen Möglichkeiten der Plattformarbeit optimal nutzen sollen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass digitale Arbeitsplattformen in der gesamten EU innerhalb eines klaren Rechtsrahmens tätig sind.

Die jüngste Entwicklung der Arbeitsplattformen hat jedoch auch neue Herausforderungen für diejenigen mit sich gebracht, die über diese Plattformen arbeiten. Diese können von mangelnder Transparenz und Vorhersehbarkeit vertraglicher Vereinbarungen bis hin zu Gesundheits- und Sicherheitsproblemen, einer falschen Klassifizierung des Beschäftigungsstatus oder einem unzureichenden Zugang zu sozialem Schutz reichen.

Es besteht Bedarf an mehr Klarheit in Bezug auf den Beschäftigungsstatus von Personen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten. Schätzungen zufolge werden neun von zehn der Personen, die in der EU auf digitalen Arbeitsplattformen tätig sind, derzeit als Selbstständige klassifiziert. Viele dieser Menschen sind in ihrer Arbeit wirklich unabhängig und schätzen die Flexibilität und den einfachen Zugang zu Kunden, den diese digitalen Arbeitsplattformen bieten. Bei anderen hingegen besteht gegenüber den digitalen Arbeitsplattformen, über die sie tätig sind, eine Unterordnung und sie werden von ihnen in unterschiedlichem Maße kontrolliert, beispielsweise in Bezug auf das Arbeitsentgelt, die Arbeitszeitgestaltung und andere Aspekte ihrer Arbeitsbedingungen. In diesen Fällen ist nicht immer klar, ob ihr Beschäftigungsstatus korrekt bestimmt wird. Der Beschäftigungsstatus sollte auf den Fakten beruhen, die das Arbeitsverhältnis kennzeichnen, unabhängig vom Vorhandensein eines schriftlichen Vertrages oder seiner Bedingungen und Konditionen. Der Beschäftigungsstatus hat Auswirkungen darauf, welche Pflichten digitale Arbeitsplattformen haben und welche Rechte den über sie arbeitenden Menschen zugestanden werden sollten. Die Präferenzen der Menschen hinsichtlich des gewünschten Maßes an Autonomie, Flexibilität und Schutz können unterschiedlich sein. Es ist daher wichtig, dass sie Rechtssicherheit in Bezug auf ihren Status haben, damit sie ihre Entscheidungen bewusst und freiwillig treffen können.

Der Einsatz von „algorithmischen Management“-Verfahren auf digitalen Arbeitsplattformen bringt besondere Herausforderungen mit sich. „Algorithmisches Management“ bezieht sich auf den Einsatz von Algorithmen, d. h. automatisierten Systemen zur Unterstützung oder sogar zum Ersatz von Managementfunktionen wie Überwachung und Bewertung der Arbeit. Algorithmisches Management ist nicht auf die Plattformwirtschaft beschränkt. Automatisierte Systeme werden auf dem Arbeitsmarkt immer häufiger eingesetzt und reichen von der einfachen Überwachung von Arbeitsplänen, Schichten und Arbeitszeiten bis hin zu komplexeren Anwendungen für die Aufgabenzuweisung und Lohnberechnung.

Für digitale Arbeitsplattformen ist das algorithmische Management eindeutig ein fester Bestandteil ihres Geschäftsmodells und kann erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben. Ferner kann es die Unterordnung hinter einem vermeintlichen Fehlen menschlicher Aufsicht verbergen. Eine Person kann vorgeblich selbstständig sein und somit keinen Zugang zu den Rechten haben, die mit dem Status des Arbeitnehmers verbunden sind, während sie in Wirklichkeit durch die Kontrolle, die durch die Algorithmen ausgeübt wird, der Autonomie beraubt wird, die ein echter Selbstständiger genießt. Selbst in Situationen, in denen der Beschäftigungsstatus korrekt eingestuft wird, können Algorithmen eine entscheidende Rolle beim Zugang zu Aufgaben und damit für die Höhe des Verdienstes von echten Selbstständigen haben. Der enge Zusammenhang zwischen algorithmischem Management und den Arbeitsbedingungen bei der Plattformarbeit macht eine sofortige und gezielte politische Reaktion erforderlich.

Probleme im Zusammenhang mit der Durchsetzung, Rückverfolgbarkeit und Transparenz, auch im grenzüberschreitenden Kontext, können zu schlechten Arbeitsbedingungen und unzureichendem Zugang zu sozialem Schutz beitragen. Die nationalen Behörden haben Schwierigkeiten, an Daten über digitale Arbeitsplattformen und über die dort arbeitenden Menschen heranzukommen, z. B. über die Zahl der Personen, die regelmäßig auf Plattformen arbeiten, über ihren Vertrags- oder Beschäftigungsstatus oder über die Bedingungen der digitalen Arbeitsplattformen. Das Problem der Rückverfolgbarkeit ist besonders relevant, wenn digitale Arbeitsplattformen in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, sodass unklar ist, wo und von wem die Plattformarbeit erbracht wird.

Tarifverhandlungen und Tarifverträge sind der Schlüssel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Im Bereich der Plattformarbeit ist der soziale Dialog jedoch nach wie vor sehr begrenzt. In gewissem Maße schränkt die Art und Weise, wie die Plattformarbeit erbracht wird, die praktischen Möglichkeiten der kollektiven Vertretung und Organisation ein. Häufig gibt es keinen physischen Arbeitsplatz, was bedeutet, dass Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, nur selten miteinander in Verbindung treten, zumindest nicht auf organisierte Weise. Oft kennen sie ihre Kollegen auf einer bestimmten Plattform nicht einmal bzw. wissen nicht, wie sie diese kontaktieren können. Für Selbstständige besteht ein zusätzliches Hindernis für Tarifverhandlungen in der derzeitigen Auslegung des EU-Wettbewerbsrechts. In Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union werden Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb einschränken, verboten. Selbstständige gelten nach dem EU-Wettbewerbsrecht in der Regel als „Unternehmen“, was bedeutet, dass Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, in der Praxis in der Regel keine Tarifverhandlungen zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen führen können, ohne gegen EU-Wettbewerbsrecht zu verstoßen.

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen fängt die Kommission jedoch nicht bei Null an. Es gibt bereits verschiedene bestehende und vorgeschlagene Rechtsakte auf europäischer Ebene, die für die Plattformarbeit von großer Bedeutung sind. Dazu gehören das gesamte EU-Arbeitsrecht und die Gleichbehandlungsvorschriften sowie Binnenmarktinstrumente wie die Datenschutz-Grundverordnung 7 , die einen starken Schutz personenbezogener Daten in der gesamten Union gewährleistet, die Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz 8 und das vorgeschlagene Gesetz über künstliche Intelligenz. Die oben beschriebenen spezifischen Herausforderungen machen jedoch zusätzliche gezielte Maßnahmen erforderlich.

Das Europäische Parlament und der Rat erkennen an, dass Maßnahmen auf EU-Ebene von Nöten sind. Das Europäische Parlament hat ein ehrgeiziges EU-Konzept zur Bewältigung der Herausforderungen der Plattformarbeit gefordert. Es hat einen Initiativbericht 9 angenommen, in dem strenge Maßnahmen gefordert werden, um dem Risiko einer falschen Klassifizierung des Beschäftigungsstatus zu begegnen und die Herausforderungen des algorithmischen Managements im Kontext der Plattformarbeit zu bewältigen. Auch die Mitgliedstaaten 10 erkennen an, dass mehr Rechtssicherheit in Bezug auf die Rechte und Pflichten von Personen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, erforderlich ist und verweisen auf den unklaren Beschäftigungsstatus dieser Personen als ein zentrales Problem. Auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss 11 und der Ausschuss der Regionen 12 haben spezifische Maßnahmen zur Plattformarbeit gefordert.

Die Kommission hörte die Sozialpartner und die einschlägigen Interessengruppen an. Die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände teilen generell die von der Kommission genannten allgemeinen Ziele und sind ebenfalls der Ansicht, dass es erforderlich ist, diese in Angriff zu nehmen. Die Arbeitnehmervertreter forderten ehrgeizige Maßnahmen zur Bekämpfung von falschen Klassifizierungen und wollen die Möglichkeit haben, einen sozialen Dialog über Fragen im Zusammenhang mit dem algorithmischen Management einzuleiten. Wirtschaftsverbände warnten vor einheitlichen Maßnahmen und betonten, dass auf bestehenden und künftigen EU-Initiativen aufgebaut werden müsse. Die Kommission tauschte sich auch intensiv mit denjenigen aus, die am unmittelbarsten an der Plattformwirtschaft beteiligt sind, d. h. mit den digitalen Arbeitsplattformen selbst und den Menschen, die über sie arbeiten. Die Vertreter digitaler Arbeitsplattformen forderten klarere Regeln und einen Rahmen, der Fairness gewährleistet, ohne Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu behindern. Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, betonten, dass sie die Flexibilität und die Möglichkeiten, welche die Plattformarbeit bietet, zu schätzen wissen, und gleichzeitig forderten sie, dass ihre sozialen Rechte geachtet und gestärkt werden.

Die in diesem Paket vorgeschlagenen Maßnahmen tragen den oben genannten Aussagen und Diskussionen Rechnung. Es umfasst

·einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit;

·einen Entwurf von Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen, die sich auch auf diejenigen erstrecken, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten;

·Aufrufe an die nationalen Behörden, die Sozialpartner und alle einschlägige Interessenträger, neue Maßnahmen zu ergreifen, wie sie im Folgenden beschrieben werden, um bessere Arbeitsbedingungen für diejenigen zu erreichen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten.

Die Kommission schlägt eine Reihe wirksamer Instrumente zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten vor, auch um die Bedingungen für ein nachhaltiges Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der Europäischen Union zu fördern. In der vorgeschlagenen Richtlinie werden Maßnahmen vorgestellt, um der Gefahr einer falschen Klassifizierung des Beschäftigungsstatus bei der Plattformarbeit zu begegnen. Ebenfalls angegangen werden darin die Herausforderungen des algorithmischen Managements der Plattformarbeit sowie die Herausforderungen im Zusammenhang mit Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Mit dem Entwurf der Leitlinien soll sichergestellt werden, dass das Wettbewerbsrecht Tarifverhandlungen über das Arbeitsentgelt und andere Aspekte der Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen in einer schwachen Position nicht im Wege steht.

Die Maßnahmen auf EU-Ebene müssen von anderen einschlägigen Interessenträgern ergänzt werden. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie unterstützen und überwachen und die ordnungsgemäße Anwendung und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sicherstellen. Es sind jedoch zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Fairness bei der Plattformarbeit zu fördern. Aus diesem Grund fordert die Kommission in dieser Mitteilung die Mitgliedstaaten, die digitalen Arbeitsplattformen und die Sozialpartner auf, zusammenzuarbeiten, um die vorgeschlagene Richtlinie und die Leitlinien weiter zu stärken und zu ergänzen.

3. EU-Maßnahmen zur Plattformarbeit – Was bedeuten sie für diejenigen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten und als Arbeitnehmer eingestuft werden?

Von den schätzungsweise 28 Millionen Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, sind die meisten echte Selbstständige. Es könnte jedoch bis zu 5,5 Millionen Menschen geben, die „Scheinselbstständige“ sind. 13 Dies bedeutet, dass sie in ihren Verträgen mit den digitalen Arbeitsplattformen, über die sie arbeiten, zwar als Selbstständige bezeichnet werden, in Wirklichkeit aber der Kontrolle und Weisung unterliegen, die für den Status als „Arbeitnehmer“ maßgeblich sind. Diese Menschen können sich in einer besonders prekären Situation befinden. Wenn sie ihre Klassifizierung als Selbstständige anfechten wollen, müssen sie vor Gericht gehen und beweisen, dass die vertragliche Beschreibung ihres Status falsch ist. Dies ist kein leichtes Unterfangen, da es zeit- und kostenintensiv sein kann und insbesondere für Menschen in einer schwachen Arbeitsmarktposition, wie Geringverdiener, junge Arbeitnehmer oder Menschen mit Migrationshintergrund, eine Herausforderung darstellt. Bislang ergingen mehr als 100 Urteile und 15 Verwaltungsentscheidungen, die sich mit dem Beschäftigungsstatus von Personen befassten, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten. 14 In den meisten Fällen wurde in den Urteilen bestätigt, dass sie fälschlicherweise als Selbstständige klassifiziert waren und eigentlich als Arbeitnehmer zu betrachten sind. 15

Der Beschäftigungsstatus ist das Tor, das Zugang zu bestehenden Arbeits- und Sozialrechten verschafft. Die falsche Einstufung von Scheinselbstständigen hindert die Menschen daran, Rechte in Anspruch zu nehmen, die ihnen als Arbeitnehmer zustehen würden. Zu diesen Rechten gehören gegebenenfalls das Recht auf einen Mindestlohn, Tarifverhandlungen, Arbeitszeitregelungen, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, gleiches Entgelt für Männer und Frauen und das Recht auf bezahlten Urlaub sowie ein verbesserter Zugang zum sozialen Schutz bei Arbeitsunfällen, Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter. Eine falsche Klassifizierung ist nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmer ungerecht, sondern kann auch negative Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes haben.

Deshalb ist eine der wichtigsten Bestimmungen des Richtlinienvorschlags die widerlegbare Vermutung, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Diese Vermutung gilt für alle digitalen Arbeitsplattformen, die Kontrolle über die Menschen ausüben, die über sie arbeiten. Der Vorschlag enthält eine Reihe von Kriterien für eine solche Kontrolle und, damit zusammenhängend, für den Begriff der Abhängigkeit, was für mehr Rechtssicherheit auf EU-Ebene sorgt. Der Vorschlag verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Vermutung wirksam ist und durchgesetzt bzw. widerlegt werden kann. Es wird geschätzt, dass zwischen 1,7 Millionen und 4,1 Millionen der 5,5 Millionen Menschen, die von einer falschen Klassifizierung bedroht sind, infolge der vorgeschlagenen Richtlinie als Arbeitnehmer eingestuft werden könnten und somit Zugang zu verschiedenen arbeitsrechtlichen Schutzmaßnahmen erhalten und besser vor sozialen Risiken geschützt werden (siehe Kasten unten). Bei denjenigen, die nicht umklassifiziert werden, könnten die Vertragsbedingungen so geändert werden, dass sie mit den Merkmalen des Status eines echten Selbstständigen übereinstimmen.

Eine korrekte Klassifizierung des Beschäftigungsstatus macht eine bessere Unterrichtung über die geltenden Vorschriften und Verpflichtungen erforderlich. Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, wissen oft nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben, zum Beispiel in den Bereichen Arbeitsrecht, soziale Sicherheit und Steuern. Vertreter digitaler Arbeitsplattformen haben ihre Unzufriedenheit über die regulatorische Unsicherheit und den Mangel an Transparenz der geltenden nationalen Vorschriften zum Ausdruck gebracht. Die Mitgliedstaaten sind am besten in der Lage, für mehr Klarheit und Transparenz bei den von ihnen festgelegten Regeln zu sorgen.

Um die in der Richtlinie vorgeschlagenen Maßnahmen zu ergänzen, fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf

·Beratung und Betreuung anzubieten für Personen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, in Bezug auf die steuer-, sozialversicherungs- und/oder arbeitsrechtlichen Verpflichtungen ihrer Plattformarbeit;

·spezielle Informationskanäle einzurichten, z. B. Informations-Websites und -Hotlines, um diese Beratungsleistungen zu erbringen;

·für die in ihrem Hoheitsgebiet tätigen digitalen Arbeitsplattformen mehr Transparenz bei den nationalen Vorschriften für die Klassifizierung des Beschäftigungsstatus zu gewährleisten;

·die Entwicklung kleiner und mittlerer digitaler Arbeitsplattformen zu erleichtern, z. B. durch die Bereitstellung von Zugangsvorlagen, einschließlich einschlägiger und ausreichend umfassender Informationen über den geltenden Rechtsrahmen.

Für diejenigen, die über digitale Arbeitsplattformen tätig sind, sind neue Schutzmaßnahmen gegen die Fallstricke des algorithmischen Managements ebenfalls von Nutzen. Der Mangel an Autonomie und die damit verbundene Überwachung bei der Plattformarbeit kann sich negativ auf die Arbeitsbedingungen der Betroffenen auswirken, z. B. in Bezug auf psychosozialen Stress (da Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, sich ständig überwacht und bewertet fühlen können, ohne dass dies gerechtfertigt wäre), Unfallrisiko (da Algorithmen Anreize für potenziell gefährliches Verhalten bieten können, z. B. durch Prämien für schnellere Lieferungen) und Zugang zu Aufgaben. Digitale Arbeitsplattformen tragen zu diesen Herausforderungen durch ihre Geschäftsbedingungen bei, die einseitig die Entlohnung, die Arbeitszeit, die Beilegung von Streitigkeiten, die Umgangsformen im Kundenservice und vieles mehr regeln können, während sie gleichzeitig technologische Mittel zur Überwachung, Bewertung und Maßregelung der Arbeit der Menschen einsetzen. Dies führt zu unklaren Zuständigkeiten und fehlenden Rechtsbehelfsmechanismen bei manchmal unverständlichen und nicht nachvollziehbaren Entscheidungen, z. B. in Bezug auf Arbeitssanktionen und Vertragsbeendigungen.

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird eine neue Reihe von Rechten für das algorithmische Management eingeführt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Arbeitnehmer, ihre Vertreter und die Arbeitsaufsichtsbehörden besser über den Einsatz automatisierter Überwachungs- und Entscheidungsfindungssysteme und deren Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen unterrichtet sind. Sie werden in der Lage sein, auf konkrete Verfahren und Rechtsmittel zurückzugreifen, wenn sie mit wichtigen Entscheidungen konfrontiert werden, die sich aus der Nutzung solcher Systeme ergeben (z. B. Kündigung und Sperrung von Konten oder Entscheidungen mit ähnlichen Auswirkungen). In dem Vorschlag wird ferner gefordert, dass digitale Arbeitsplattformen die Arbeitnehmervertreter zu wesentlichen Änderungen der Arbeitsorganisation im Zusammenhang mit der Einführung oder Nutzung von Algorithmen konsultieren müssen. Mit diesen Maßnahmen wird das präzisiert und ergänzt, was bereits durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten gewährleistet wird, und das ergänzt, was das vorgeschlagene Gesetz über künstliche Intelligenz (KI) tun wird, um sowohl die Verfügbarkeit von Informationen über die automatisierten Systeme, denen sie unterworfen werden könnten, zu verbessern als auch sie vor dem Risiko der Diskriminierung und Voreingenommenheit zu schützen, in dem Wissen, dass sich das algorithmische Management allmählich über die Plattformarbeit hinaus ausbreitet.

Hier kommt den Sozialpartnern eine wichtige Rolle zu. Die Kommission wird den sozialen Dialog in der Plattformarbeit durch Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau für die Sozialpartner unterstützen, damit diese den sozialen Dialog über das algorithmische Management im Kontext der in der Richtlinie vorgeschlagenen neuen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte einleiten können. Die Plattformarbeit zeichnet sich durch das Fehlen eines gemeinsamen Arbeitsplatzes aus, an dem sich die Arbeitnehmer kennenlernen und miteinander und mit ihren Vertretern kommunizieren können. In der vorgeschlagenen Richtlinie wird daher vorgesehen, dass digitale Arbeitsplattformen entsprechend ihrer Arbeitsorganisation digitale Kommunikationskanäle einrichten, über die Personen, die Plattformarbeit leisten, sich untereinander austauschen und von ihren Vertretern kontaktiert werden können.

 Die Kommission fordert außerdem

·die Mitgliedstaaten auf, die Sozialpartner dabei zu unterstützen, Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, zu sensibilisieren und zu vertreten, und zwar im Einklang mit den nationalen Verfahren und Traditionen und der Autonomie der Sozialpartner;

·digitale Arbeitsplattformen auf, den sozialen Dialog durch aktive Unterstützung der kollektiven Vertretung der dort arbeitenden Menschen zu fördern.

Da Algorithmen die Arbeit jenseits digitaler Arbeitsplattformen weiter prägen und sich die technologische Entwicklung beschleunigt, wird die Kommission die Situation weiter beobachten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen. Die Auseinandersetzung mit dem algorithmischen Management bei der Plattformarbeit ist dabei ein erster natürlicher Schritt. Dieses Management ist ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells digitaler Arbeitsplattformen und spielt eine Schlüsselrolle bei den Arbeitsbedingungen der Menschen, die über diese Plattformen arbeiten. Gleichzeitig bringt die vielfältige Art und Weise, in der algorithmisches Management im breiteren Beschäftigungskontext eingesetzt wird, Herausforderungen mit sich, die über die Besonderheiten der Plattformarbeit hinausgehen. Die Kommission wird daher dieses Phänomen weiter analysieren und den möglichen künftigen Bedarf an einer Regulierung der Nutzung von Algorithmen in der Arbeitswelt im Auge behalten.

Die Auswirkungen der Richtlinie auf die Plattformbeschäftigten – Wie funktionieren die neuen Rechte in der Praxis?

In Fällen, in denen die Organisation der Arbeit über eine Plattform immer zwei der in der Richtlinie aufgeführten Kriterien erfüllt, wird vermutet, dass Personen, die über diese Plattform arbeiten, Arbeitnehmer sind. Von der Plattform wird in diesem Fall erwartet, dass diese Personen in den Genuss der Rechte kommen, die mit diesem Beschäftigungsstatus verbunden sind. Die Mitgliedstaaten müssen klare Verfahren einführen, um sicherzustellen, dass dies auch wirklich der Fall ist. Außerdem können sich Behörden wie Arbeitsaufsichtsbehörden oder Sozialversicherungsträger auf diese Vermutung berufen und sie durchsetzen.

Der neu eingestufte Arbeitnehmer genießt alle Rechte, die den Arbeitnehmern garantiert werden, z. B. mindestens den nationalen oder sektoralen Mindestlohn, sofern anwendbar, das Recht auf garantierte Ruhezeiten, bezahlten Urlaub sowie Sicherheits- und Gesundheitsschutz. Der Zugang zum Sozialschutz, den der Arbeitnehmerstatus garantiert, umfasst Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und Gesundheitsfürsorge; Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub; Leistungen bei Invalidität, Alter und an Hinterbliebene sowie Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Die Plattformbeschäftigten können sich also auf ein soziales Sicherheitsnetz stützen, wenn sie ein solches benötigen.

Plattformbeschäftigte werden auch neue oder spezifischere Rechte in Bezug auf das algorithmische Management erhalten. Sie werden besser verstehen, wie Aufgaben zugewiesen und Preise festgelegt werden, und es wird ihnen leichter fallen, automatische Entscheidungen von Algorithmen zu hinterfragen und eine Lösung zu finden, wenn Probleme auftreten. Der Einfluss von Algorithmen auf die Arbeitsorganisation wird transparenter werden. Die Vorschriften, die sicherstellen, dass personenbezogene Daten nicht unrechtmäßig erhoben werden, werden weiter verschärft. Die Betroffenen werden in der Lage sein, alle automatisierten Entscheidungen, die ihre Arbeitsbedingungen betreffen, anzufechten, und der Zugang zu Rechtsdurchsetzungsmechanismen wird klarer werden.

Dank der Kanäle für den Informationsaustausch, die die digitalen Arbeitsplattformen im Einklang mit der vorgeschlagenen Richtlinie einrichten müssen, werden die Plattformbeschäftigten in der Lage sein, miteinander in Kontakt zu treten und sich über Angelegenheiten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit auszutauschen, was ihre kollektive Vertretung verbessert.

4. EU-Maßnahmen zur Plattformarbeit – Was bedeuten sie für echte Selbstständige?

Von den schätzungsweise 28 Millionen Menschen, die in der EU über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, sind möglicherweise 5,5 Millionen falsch klassifiziert. Die übrigen 22,5 Millionen Menschen gelten als korrekt klassifiziert, entweder als Arbeitnehmer oder als Selbstständige. Die überwältigende Mehrheit von ihnen ist als Selbstständige klassifiziert 16 . Als solche schätzen sie die Flexibilität und Autonomie sowie die leicht zugänglichen Beschäftigungsmöglichkeiten, die digitale Arbeitsplattformen bieten. Auch wenn sie in Bezug auf den Beschäftigungsstatus nicht unbedingt mit denselben Problemen konfrontiert sind wie falsch klassifizierte Arbeitnehmer, können sie dennoch Schwierigkeiten mit den neuen Herausforderungen haben, die das algorithmische Management für ihre Selbstständigkeit und den Rechtsrahmen, in dem ihre Arbeit normalerweise stattfindet, mit sich bringt. In diesem Zusammenhang sollte die echte Selbstständigkeit auf digitalen Arbeitsplattformen gefördert und gleichzeitig geschützt werden. 

Mit dem Entwurf der Leitlinien für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts soll sichergestellt werden, dass das EU-Wettbewerbsrecht Tarifverhandlungen für Solo-Selbstständige in einer schwachen Position nicht im Wege steht. Mit der Initiative, die sich mit dieser Frage in der gesamten Arbeitswelt befasst und daher nicht auf digitale Arbeitsplattformen beschränkt ist, soll Rechtssicherheit in Bezug auf die Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverhandlungen von Selbstständigen geschaffen werden. Sie würde es bestimmten Selbstständigen ermöglichen, ihre Arbeitsbedingungen (einschließlich des Entgelts) gegenüber ihren Vertragspartnern kollektiv auszuhandeln, wenn die Vertragspartner keine Verbraucher sind. Diese Leitlinienentwürfe werden Gegenstand einer öffentlichen Konsultation sein, um vor ihrer Verabschiedung Rückmeldungen von den betroffenen Interessenträgern einzuholen.

Die in der vorgeschlagenen Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zum algorithmischen Management werden auch für echte Selbstständige gelten. Wenn man versteht, wie das Verhalten einer Person automatische Entscheidungen über die Aufgabenzuweisung beeinflusst, kann dies den Zugang zu künftigen Arbeitsmöglichkeiten beeinflussen, unabhängig vom Beschäftigungsstatus. Die Verbesserung der Transparenz der Algorithmen und die Gewährleistung der Überwachung und Überprüfung wichtiger automatisierter Entscheidungen durch Menschen sind daher auch für echte Selbstständige wichtig.

Die oben beschriebenen Maßnahmen ergänzen das, was die EU bereits unternommen hat, um die Herausforderungen der Selbstständigkeit zu bewältigen. In der Empfehlung des Rates zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige 17 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer und Selbstständige formalen und effektiven Zugang zu einem angemessenen Sozialschutz haben. Aus den nationalen Umsetzungsplänen 18 geht hervor, dass der formale Sozialschutz für Selbstständige noch lückenhaft ist. Dies gilt insbesondere für den Zugang zu Leistungen bei Arbeitslosigkeit, bei Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und Vaterschaft. In diesem Zusammenhang ermutigt die Kommission die Mitgliedstaaten nachdrücklich, den Sozialschutz für echte Selbstständige weiter zu stärken, und sie wird sie auch weiterhin dabei unterstützen. Die Selbstständigen sind von entscheidender Bedeutung für das Wirtschaftswachstum in der EU, da sie die Innovation und den Unternehmergeist fördern.

Durch die Empfehlung des Rates zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit Selbstständiger am Arbeitsplatz 19 wird die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten bei Selbstständigen gefördert. In der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben 20 werden auch besondere Rechte für Selbstständige festgelegt (z. B. Mutterschaftsgeld, Schutz vor Diskriminierung usw.).

Darüber hinaus bietet auch der Besitzstand zum EU-Binnenmarkt einen wichtigen Schutz für Selbstständige. Mit der Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz 21 soll sichergestellt werden, dass Selbstständige, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, transparent und nach Treu und Glauben behandelt werden und dass sie im Falle von Rechtsstreitigkeiten Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln haben. In der Datenschutz-Grundverordnung 22 ist vorgesehen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, nach Treu und Glauben erfolgt, transparent ist und sich auf das notwendige Maß beschränkt. Sie gewährt auch eine Reihe von Datenschutzrechten, wie das Recht auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten und auf Zugang zu den eigenen personenbezogenen Daten, das Recht auf Berichtigung (einschließlich des Rechts, die eigenen Daten berichtigen zu lassen), das Recht, die Verarbeitung der eigenen Daten einzuschränken, das Recht auf Datenübertragbarkeit und das Recht, keiner Entscheidung unterworfen zu werden, die ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beruht, wenn eine solche Entscheidung rechtliche Auswirkungen oder ähnlich erhebliche Auswirkungen hat.

Die Auswirkungen der Richtlinie auf echte Selbstständige – Wie funktionieren die neuen Rechte in der Praxis?

Als indirekte Auswirkung der Richtlinie könnten einige der digitalen Arbeitsplattformen, die derzeit ein gewisses Maß an Kontrolle über die Menschen ausüben, die über sie arbeiten, ihr Geschäftsmodell ändern, um die Voraussetzungen für echte Selbstständigkeit zu schaffen. Die Richtlinie wird Anreize für digitale Arbeitsplattformen bieten, ihre vertraglichen Beziehungen erforderlichenfalls weiter zu klären, um sie stärker auf den Weg eines korrekten Status der Selbstständigkeit oder der Beschäftigung zu bringen. Bei Bedarf werden die Selbstständigen auch Unterstützung bei der Klärung ihres Status erhalten. Von der Richtlinie wird erwartet, dass sie die Autonomie der Selbstständigen stärkt und ihre Fähigkeit unterstützt, ihre unternehmerischen Möglichkeiten zu nutzen, z. B. durch die Entwicklung ihres Kundenstamms. Diejenigen, die bereits als echte Selbstständige tätig sind, behalten die mit ihrem Beschäftigungsstatus verbundenen Vorteile.

Alle Selbstständigen, die über Plattformen arbeiten, erhalten ähnliche Rechte wie Arbeitnehmer in Bezug auf das algorithmische Management, insbesondere in Bezug auf die Transparenz der eingesetzten automatisierten Systeme und auf Rechtsdurchsetzungsmechanismen und die Überprüfung auf Algorithmen basierender Entscheidungen. Mehr Klarheit über die Mechanismen, die der Zuweisung und dem Vorschlag von Aufgaben zugrunde liegen, wird ihnen helfen, ihre Einkommenssicherheit und die Vorhersehbarkeit zu verbessern.

5. EU-Maßnahmen zur Plattformarbeit – Was bedeuten sie für Unternehmen?

Vorsichtigen Schätzungen zufolge gibt es in der EU mehr als 500 digitale Arbeitsplattformen. Dabei handelt es sich um innovative Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, die den neuen Verbraucherpräferenzen entsprechen, darunter vor allem Dienste „auf Anfrage“. Sie bauen ihren Kundenstamm und ihre Wettbewerbsposition häufig dank der Schnelligkeit, Effizienz und Flexibilität ihrer Dienstleistungen auf. Sie bringen Dynamik in die EU-Wirtschaft, nutzen die Vorteile der Digitalisierung und können als wichtige Hebel für die grüne und digitale Wende dienen. Ihr Innovationspotenzial läuft jedoch Gefahr, durch die Fragmentierung des bestehenden Rechtsrahmens behindert zu werden, die eine grenzüberschreitende Expansion erschwert und verhindert, dass digitale Arbeitsplattformen die Größen- und Verbundvorteile des Binnenmarktes optimal nutzen können.

Innovation sollte in einem wirklich wettbewerbsorientierten und fairen Umfeld stattfinden. Damit sich der Wettbewerb positiv auswirkt in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher, niedrige Preise und das Wohlergehen der Arbeitnehmer, sollten die Unternehmen auf der Grundlage der Qualität der von ihnen erbrachten Dienstleistungen und ihrer Produktivität miteinander konkurrieren und nicht auf der Grundlage der Arbeitsbedingungen ihrer Arbeitnehmer. Derzeit beziehen jedoch einige digitale Arbeitsplattformen einen Teil ihres Wettbewerbsvorteils nicht nur aus der Innovation ihrer Dienstleistungen, sondern auch aus den niedrigen Kosten ihrer Arbeitskräfte, indem sie Menschen, die eigentlich Arbeitnehmer sein sollten, als Selbstständige unter Vertrag nehmen. Eine falsche Klassifizierung führt zu geringeren Kosten, als sonst anfallen würden: Im Durchschnitt entstehen den Unternehmen, die ihre Beschäftigten als Arbeitnehmer bezahlen, 24,5 % höhere Kosten in Form von Steuern und Sozialabgaben 23 . 

Durch die vorgeschlagene Richtlinie sollen eine faire Behandlung der Arbeitnehmer sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit für die Unternehmen sichergestellt werden. Sie soll mehr Klarheit darüber schaffen, wer als Arbeitnehmer zu betrachten ist und wo die Pflichten digitaler Arbeitsplattformen liegen. Dadurch werden langwierige Gerichtsverfahren vermieden und digitale Arbeitsplattformen erhalten Rechtssicherheit darüber, wie sie ihre Geschäfte in der gesamten EU betreiben können. Die in der Richtlinie vorgesehene widerlegbare Vermutung und die Kriterien für eine Beschäftigung werden sicherstellen, dass digitale Arbeitsplattformen, die mithilfe von Scheinselbstständigen tätig sind, denselben Vorschriften unterliegen wie Plattformen und traditionelle Unternehmen, die Arbeitnehmer beschäftigen, und somit keinen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil genießen. Die vorgeschlagene Richtlinie enthält Maßnahmen zur Vermeidung unangemessener Belastungen für KMU. Das EU-Recht wird durch von den Mitgliedstaaten ausgearbeitete Leitlinien ergänzt.

Für digitale Arbeitsplattformen wird die Möglichkeit, mit echten Selbstständigen zu arbeiten, nicht wesentlich beeinträchtigt. Wenn digitale Arbeitsplattformen mithilfe von Selbstständigen tätig werden, sollten ihre Bedingungen wirklich die Autonomie und das Unternehmertum ermöglichen, die eine echte Selbstständigkeit mit sich bringt. Dies wiederum schließt nicht aus, dass einige Leistungen in Form von Sachleistungen erbracht werden, beispielsweise durch zusätzliche Beiträge zu Versicherungen oder Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten. Was aber für die Offline-Wirtschaft gilt, sollte auch für die Online-Wirtschaft gelten und durchgesetzt werden. Andere Unternehmen, einschließlich derer, die in denselben Tätigkeitsbereichen direkt mit digitalen Arbeitsplattformen konkurrieren, wenn auch eher in einem herkömmlichen als in einem digitalen Umfeld, müssen sich an die gleichen Regeln halten.

Die Tatsache, dass Bewertungs-/Reputationssysteme derzeit nicht von einer digitalen Arbeitsplattform auf eine andere übertragen werden können, behindert den Wettbewerb zwischen ihnen, da sie Menschen davon abhält, über neu eingerichtete digitale Arbeitsplattformen zu arbeiten. Dieser fehlende Wettbewerb spiegelt sich häufig auch in den Beziehungen zwischen Personen wider, die über ein und dieselbe Plattform arbeiten. Da die Menschen oft mehrere digitale Arbeitsplattformen nutzen, um ihre Dienste anzubieten, ist die Frage der Übertragbarkeit oder Interoperabilität von Bewertungen eine wichtige Frage, die ihre Möglichkeiten für die berufliche und geschäftliche Entwicklung beeinflusst. Die sogenannten „Lock-in-Effekte“ halten Menschen davon ab, zu anderen digitalen Arbeitsplattformen zu wechseln, weil sie befürchten, ihre hart erarbeitete Online-Reputation zu verlieren, die sie durch die Bewertungen ihrer Kunden erworben haben. Der Begriff „Superstar-Effekte“ hingegen bedeutet, dass Personen, die neu auf einer Plattform sind, es schwer haben, die etablierte Position ihrer Konkurrenten in Frage zu stellen, da sie keine Referenzen mitbringen können, die sie vielleicht anderswo erworben haben. Dadurch werden etablierte digitale Arbeitsplattformen begünstigt, aber innerhalb einer Plattform auch diejenigen, die schon am längsten über diese Plattform arbeiten.

Vor diesem Hintergrund wird die Kommission die Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes unterstützen, indem sie den Dialog zwischen allen betroffenen Parteien erleichtert. Dazu könnte auch die logistische Unterstützung eines vom Sektor angeleiteten Verfahrens zur Gewährleistung der Übertragbarkeit von Bewertungs-/Reputationssystemen gehören, indem beispielsweise alle betroffenen Parteien in speziellen Veranstaltungen zusammengebracht werden.

Die Kommission fordert die digitalen Arbeitsplattformen ferner auf,

·die Ausübung des Rechts auf Datenübertragbarkeit gemäß der Datenschutz-Grundverordnung zu erleichtern, indem die technischen Möglichkeiten für eine solche Übertragbarkeit sichergestellt werden, und die Möglichkeit der Übermittlung/Mitnahme von Daten auf Reputationsdaten auszuweiten. Dies könnte durch einen vom Sektor selbst ausgearbeiteten Verhaltenskodex erreicht werden;

·sektorübergreifend zusammenzuarbeiten und gemeinsame IT-gestützte Formate und Lösungen zu entwickeln, um die Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Plattformarbeit weiter zu verbessern, z. B. im Rahmen des vorgeschlagenen Verhaltenskodexes.

Die Folgen der vorgeschlagenen Richtlinie auf Unternehmen – Die Perspektive einer digitalen Arbeitsplattform

Digitale Arbeitsplattformen haben oft eine multinationale Dimension und verbinden Arbeitnehmer und Kunden in ganz Europa und darüber hinaus. Aufgrund der rechtlichen Zersplitterung müssen digitale Arbeitsplattformen eine Vielzahl unterschiedlicher nationaler Rechtsvorschriften und Gerichtsurteile beachten, was ihre Expansion auf dem EU-Markt behindert.

Dank der vorgeschlagenen Richtlinie werden die digitalen Arbeitsplattformen in den Genuss von mehr Rechtsklarheit und -sicherheit gelangen. Längerfristig wird dies die Kosten für Rechtsstreitigkeiten und den Verwaltungsaufwand verringern. Dank gemeinsamer Kriterien für die widerlegbare Vermutung auf EU-Ebene werden digitale Arbeitsplattformen mehr Gewissheit über den Status derjenigen bekommen, die über sie arbeiten. Dies wird ihnen die Geschäftsplanung erleichtern und ihnen dabei helfen, ihre Arbeitsweise zu organisieren, sodass sie darauf vertrauen können, dass sie wachsen, grenzüberschreitend expandieren und die Chancen des Binnenmarktes nutzen können.

Scheinselbstständigkeit verschafft einigen digitalen Arbeitsplattformen einen erheblichen und unberechtigten Wettbewerbsvorteil sowohl gegenüber traditionellen Unternehmen als auch gegenüber digitalen Arbeitsplattformen, deren Modell auf der Einstellung von Arbeitnehmern basiert. Digitale Arbeitsplattformen, die die über sie arbeitenden Menschen derzeit korrekt klassifizieren, werden in den Genuss einheitlicher Wettbewerbsbedingungen kommen, z. B. in Bezug auf Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge. Kurzfristig werden digitale Arbeitsplattformen zwar mit Kosten für die Neuklassifizierung konfrontiert sein, mittel- bis langfristig werden sie jedoch auch Nutzen daraus ziehen, da die Kosten für die Einhaltung der Rechtsvorschriften sinken und die Rechtssicherheit steigt. In der Tat sehen sich digitale Arbeitsplattformen, die Scheinselbstständigkeit nutzen, in mehreren Mitgliedstaaten zunehmend mit erheblichen Geldstrafen und Neuklassifizierungsforderungen konfrontiert.

6. EU-Maßnahmen zur Plattformarbeit – Was bedeuten sie für die nationalen Behörden?

Durch Klarheit über den Beschäftigungsstatus und die damit verbundenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wird die Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte unterstützt. Es wird erwartet, dass die Mitgliedstaaten durch die Neuklassifizierung bis zu 4 Mrd. EUR jährlich zusätzlich an Beiträgen erzielen werden. 24 Sie werden auch geringere Kosten in Form von beitragsunabhängigen Leistungen tragen, die die Behörden ungeschützten Arbeitnehmern gewähren müssen, um z. B. die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen oder Krankheitskosten zu decken. Die korrekte Klassifizierung des Beschäftigungsstatus kann sich also für alle Steuerzahler insgesamt positiv auswirken.

Um die Arbeit der nationalen Behörden (wie Arbeitsaufsichtsbehörden, Sozialversicherungsträgern und Steuerbehörden) bei der Durchsetzung der Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie und der bestehenden Gesetze zu erleichtern, enthält die vorgeschlagene Richtlinie Bestimmungen, die darauf abzielen, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Plattformarbeit, auch im grenzüberschreitenden Kontext, zu gewährleisten. Diese Bestimmungen sollen sicherstellen, dass digitale Arbeitsplattformen, die als Arbeitgeber auftreten, sich ihrer Verpflichtung bewusst sind, die Arbeit dort zu melden, wo sie ausgeführt wird. Die vorgeschlagene Richtlinie schreibt vor, dass digitale Arbeitsplattformen den Arbeits-, Sozialversicherungs- und anderen zuständigen Behörden sowie den Vertretern der Personen, die auf der Plattform arbeiten, Informationen über die Arbeitsbedingungen für die über sie arbeitenden Personen, die Anzahl der über sie arbeitenden Personen und den Beschäftigungsstatus, mit dem sie tätig sind, zur Verfügung stellen. Diese Informationen sind regelmäßig zu aktualisieren und auf Verlangen der zuständigen Behörden weiter zu detaillieren.

Darüber hinaus wird die Kommission

·den Austausch bewährter Verfahren im Rahmen ihres Programms „Voneinander lernen“ sowie die Aktivitäten der Europäischen Arbeitsbehörde im Rahmen ihres Mandats unterstützen;

·die Mitgliedstaaten weiterhin bei der Anwendung der Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherheit und erforderlichenfalls bei der Erstellung von Leitlinien zu diesen Vorschriften unterstützen;

·durch EU-Programme (wie Horizont Europa) weiterhin in die Forschung investieren, um innovative und hochwertige Arbeitsformen zu ermitteln und die Risiken und Chancen für Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, und für Unternehmen gleichermaßen zu untersuchen.

Es laufen derzeit auch weitere Arbeiten zur Digitalisierung im Bereich der Koordinierung der sozialen Sicherheit. Die Kommission hat ein Pilotprojekt zum Europäischen Sozialversicherungspass gestartet, das dazu beitragen wird, die Herausforderungen bei der Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen zu bewältigen, und das den vorgeschlagenen Rahmen für eine europäische digitale Identität (EUid) 25 nutzen könnte, um die Identifizierung zu erleichtern.

Um diesen neuen Rahmen für die Plattformarbeit optimal zu nutzen, ruft die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auf

·bei der Durchsetzung der Vorschriften Unterstützung zu leisten – z. B. in Form von Leitlinien oder speziellen Schulungen für Aufsichtsbehörden zu den Herausforderungen, die sich aus dem algorithmischen Management ergeben;

·die Regeln zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zu bewahren;

·die Datenerhebung über die Arbeit der Plattformen zu verbessern und bilaterale Kanäle für den Austausch relevanter Daten mit anderen Mitgliedstaaten zu entwickeln.

7. Dieses Bestreben macht nicht an unseren Grenzen halt.

Die EU geht hier mit gutem Beispiel voran. Bereits in der Vergangenheit hat unsere Union auf globaler Ebene den Ton angegeben in Bezug auf wichtige Themen wie den Schutz personenbezogener Daten und die Regulierung von Systemen der künstlichen Intelligenz. Mit unserem zukunftsweisenden Ansatz wurde die Technologie in den Dienst des Menschen gestellt. Das ist auch bei diesem Paket nicht anders: Mit ihm will die Kommission einen Beitrag zu den künftigen globalen Standards für hochwertige Plattformarbeit leisten.

Da viele digitale Arbeitsplattformen weltweit tätig sind, ist die Zusammenarbeit zwischen den Ländern von entscheidender Bedeutung. Die Festlegung globaler Standards kann die rechtliche Klarheit für digitale Arbeitsplattformen auf der ganzen Welt verbessern und somit das nachhaltige Wachstum der Plattformwirtschaft fördern. Einige Arten von Plattformarbeit sind von Natur aus global, denn die Personen, die Online-Plattformarbeit leisten, können die ihnen zugewiesenen Aufgaben von jedem Ort der Welt aus erledigen. Die Kommission befürwortet daher eine globale Governance der Plattformarbeit. Digitale Arbeitsplattformen agieren in verschiedenen Rechtsordnungen und Ländern, weshalb auch die politischen Entscheidungsträger grenzüberschreitend vorgehen sollten.

Die EU wird mit ihren globalen Partnern zusammenarbeiten, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei der Plattformarbeit auf der ganzen Welt zu erreichen. Die Internationale Arbeitsorganisation ist ein natürlicher Partner in diesem Bestreben. Aufbauend auf dem bisherigen Austausch und der Zusammenarbeit zu diesem Thema wird die Kommission eine diesbezügliche Veranstaltung vorschlagen, um die politische Agenda der globalen Plattformarbeit voranzubringen. Die Auswirkungen von Digitalisierung und Globalisierung auf die Zukunft der Arbeit standen im Mittelpunkt unserer Gespräche mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Zeit ist nun reif, unsere Diskussionen auf die nächste Stufe zu bringen, um die globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Plattformarbeit zu bewältigen. Die EU setzt sich auch im Rahmen der G7- und G20-Gremien für eine auf den Menschen ausgerichtete, inklusive, faire und nachhaltige digitale Wende und die Zukunft der Arbeit ein.

Die Kommission wird sich im Rahmen ihrer bilateralen Agenda auch für bessere Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit einsetzen und dabei auf dem früheren Austausch mit den USA und Kanada aufbauen, um die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf die Plattformarbeit zu fördern.

8. Schlussfolgerungen

Digitale Arbeitsplattformen spielen eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Zukunft Europas, auch für die grüne und digitale Wende. Um nachhaltig zu sein, muss der technologische Fortschritt jedoch Hand in Hand gehen mit der Achtung bestehender sozialer Grundsätze und dem Streben Europas nach weiterem sozialem Fortschritt. Mit diesem Paket sollen die Herausforderungen angegangen werden, die die Plattformarbeit für unser Sozialmodell mit sich bringt, und die Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung der Plattformwirtschaft in Europa geschaffen werden, sodass ihre Vorteile in einem stärker integrierten Binnenmarkt leichter genutzt und ihre Nachteile verhindert und bekämpft werden können.

Infolge der vorgeschlagenen Maßnahmen werden mehr Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen tätig sind, die Vorteile einer verbesserten Einkommenssicherheit und -vorhersehbarkeit, eines besseren Arbeitszeitschutzes und eines sichereren Arbeitsumfelds nutzen können. Sie werden besser in der Lage sein, eine Altersrente aufzubauen, Zugang zu einem sozialen Sicherheitsnetz haben, auf das sie sich in Zeiten der Not verlassen können, und keine Angst mehr vor ungerechten Entscheidungen haben, die mithilfe automatisierter Systeme getroffen oder unterstützt werden. Diejenigen, die wirklich selbstständig bleiben oder werden, werden in die Lage versetzt, ihre Arbeitsbedingungen selbst zu bestimmen und die Plattformarbeit als Möglichkeit zum Aufbau einer unternehmerischen Laufbahn zu nutzen.

Darüber hinaus werden alle Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten – ob sie Arbeitnehmer oder Selbstständige sind – die Art und Weise, wie Algorithmen zum Management ihrer Arbeit eingesetzt werden, besser verstehen und beeinflussen. Die über digitale Arbeitsplattformen, auch grenzüberschreitend, erbrachte Arbeit wird besser nachvollziehbar und transparenter. Dies wird die nationalen Behörden und Sozialpartner in die Lage versetzen, eine aktivere Rolle in der Plattformwirtschaft zu spielen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden den digitalen Arbeitsplattformen, den Plattformbeschäftigten und den nationalen Behörden eine Anpassung abfordern. Diese Anpassungen werden sich jedoch auszahlen und dazu beitragen, die vielen Vorteile der digitalen Wende zu nutzen und die europäische soziale Marktwirtschaft langfristig zu schützen. Mit der europäischen Erklärung über digitale Rechte und über Grundsätze für das Digitale Jahrzehnt und der europäischen Säule sozialer Rechte verfügt die EU über die Mittel und hat die Richtung vorgegeben, die eingeschlagen werden muss, um in diesem Unterfangen erfolgreich zu sein.

(1) Politische Leitlinien für die künftige Europäische Kommission 2019-2024. „Eine Union, die mehr erreichen will. Meine Agenda für Europa.“ Hier online abrufbar.
(2) COM/2021/206 final. Hier online abrufbar.
(3) Europäische Kompetenzagenda Hier online abrufbar.
(4) Auch die Arbeit der Kommission im Anschluss an den Bericht des Europäischen Parlament zum Recht auf Nichterreichbarkeit ist Teil dieser Vision – Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2021 mit Empfehlungen an die Kommission zum Recht auf Nichterreichbarkeit (2019/2181(INL)). Hier online abrufbar.
(5) De Groen W., Kilhoffer Z., Westhoff L., Postica D. und Shamsfakhr F. (2021). Digital Labour Platforms in the EU: Mapping and Business Models. Vom Zentrum für Europäische Studien (CEPS) für die GD EMPL im Rahmen des Dienstleistungsvertrags VC/2020/0360 erstellte Studie. Hier online abrufbar. Basierend auf einer kleineren Teilmenge von 52 Beobachtungen im Vergleich zur Gesamtdatenbank von 516 Plattformen.
(6) PPMI (2021). Study to support the impact assessment of an EU initiative on improving working conditions in platform work. Hier online abrufbar.
(7) Verordnung (EU) 2016/679. Hier online abrufbar.
(8) Verordnung (EU) 2019/1150. Hier online abrufbar.
(9) Bericht des Europäischen Parlaments über „Gerechte Arbeitsbedingungen, Rechte und soziale Sicherung für auf Online-Plattformen beschäftigte Arbeitnehmer – Neue Beschäftigungsformen im Zusammenhang mit der digitalen Entwicklung“. 2019/2186(INI) . Hier online abrufbar.
(10) Debatte über Plattformarbeit im Rat „Beschäftigung und Sozialpolitik“ am 3. Dezember 2020. Die wichtigsten Ergebnisse sind hier online abrufbar.
(11) Stellungnahme des EWSA: Faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des deutschen Ratsvorsitzes). Hier online abrufbar.
(12) Stellungnahme des AdR: Arbeit auf digitalen Plattformen – Regulierungsfragen aus lokaler und regionaler Sicht. Hier online abrufbar.
(13) SWD(2021396. Impact Assessment report accompanying the proposal for a Directive on improving working conditions in platform work (Folgenabschätzung zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit), Abschnitt 2.1 und Anhang 5.
(14) Diese fanden in BE, DE, DK, ES, FI, FR, IE, IT, NL und SE statt. – European Centre of Expertise in the field of labour law, employment and labour market policies (ECE). „Case Law on the Classification of Platform Workers: Cross-European Comparative Analysis and Tentative Conclusions”, Mai 2021. Hier online abrufbar.
(15) SWD(2021)396. Impact Assessment report accompanying the proposal for a Directive on improving working conditions in platform work (Folgenabschätzung zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit), Anhang 10.
(16) SWD(2021)396. Impact Assessment report accompanying the proposal for a Directive on improving working conditions in platform work (Folgenabschätzung zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit), Abschnitt 2.1 und Anhang 5.
(17) Empfehlung des Rates vom 8. November 2019 (2019/C 387/01). Hier online abrufbar. Durch die Empfehlung abgedeckt sind Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und Gesundheitsfürsorge, Leistungen bei Mutterschaft und Vaterschaft, Invalidität, Alter und an Hinterbliebene sowie Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
(18) Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die in dieser Empfehlung enthaltenen Grundsätze umzusetzen und bis zum 15. Mai 2021 einen nationalen Plan mit Informationen über die entsprechenden Maßnahmen vorzulegen. Die nationalen Umsetzungspläne sind hier online abrufbar.
(19) Empfehlung des Rates vom 18. Februar 2003 (2003/134/EG). Hier online abrufbar.
(20) Richtlinie 2010/41/EU.
(21) Verordnung (EU) 2019/1150. Hier online abrufbar.
(22) Verordnung (EU) 2016/679. Hier online abrufbar.
(23) Eurostat (2021). Wages and labour costs. Hier online abrufbar.
(24) SWD(2021396. Impact Assessment report accompanying the proposal for a Directive on improving working conditions in platform work (Folgenabschätzung zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit), Abschnitt 6.1 und Anhang 5.
(25)  COM/2021/281 final. Hier online abrufbar.
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