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Anfänger:BIP – Vergleiche anhand des BIP: Wachstumsrate und pro-Kopf-Zahlen

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Dieser Artikel ist Teil von Statistiken für Anfänger, eine Reihe in Statistics Explained in welcher statistische Indikatoren und Konzepte in einfacher Art und Weise erklärt werden, um die Welt der Statistiken ein wenig verständlicher zu machen. Dieses Angebot richtet sich an Schüler sowie an Studenten und alle anderen, die Interesse an Statistiken haben.

Nun schauen wir uns an, wie das BIP über die Zeit hinweg sowie zwischen verschiedenen Volkswirtschaften verglichen werden kann, so dass keine irreführenden Schlussfolgerungen gezogen werden bspw. aufgrund von unterschiedlichen Bevölkerungsgrößen, Inflation und Preisniveauunterschieden.

Das BIP gibt uns eine Vorstellung von der monetären Größe einer Volkswirtschaft.

Beispiel

Im Jahr 2016 betrug das BIP in der EU 14,9 Billionen Euro (das sind 14,9 Millionen Millionen Euro oder 14 900 000 000 000 Euro).

In Ordnung, werden Sie jetzt sagen, aber dies ist eine große Zahl und nicht sehr informativ.

Wie bei den meisten anderen Statistiken wird der Wert des BIP für einen bestimmten Zeitraum für eine bestimmte Wirtschaft interessanter, wenn wir es mit etwas anderem vergleichen.

Vollständiger Artikel

Wie kann das BIP von Ländern unterschiedlicher Größe verglichen werden?

Eine gängige Vorgehensweise ist es das BIP und die Anzahl der Menschen, die in einer Volkswirtschaft leben, also alle Männern, Frauen und Kindern zusammen, miteinander zu vergleichen (für weitere Informationen siehe Artikel zur Bevölkerungsstatistik). Wenn wir den Wert des BIP einer Volkswirtschaft durch die Zahl ihrer Einwohner dividieren, erhalten wir eine Verhältniszahl, welche BIP pro Einwohner oder BIP pro Kopf genannt wird.

Beispiel

Im Jahr 2016 hatte die EU eine Bevölkerung von 510 Millionen Menschen. Wenn man die große BIP-Zahl von oben durch die Bevölkerung teilt, ergibt sich ein BIP pro Einwohner bzw. pro Kopf von 29 000 Euro.

Nun, diese Zahl ist ein bisschen einfacher zu verstehen, da sie nicht so groß ist, und wir sie besser verstehen und erfassen können, bspw. indem wir sie mit dem Jahresgehalt eines Angestellten vergleichen.

Wie kann das BIP im Zeitverlauf analysiert werden?

Eine weitere Möglichkeit, das BIP zu analysieren, besteht darin, das BIP eines Jahres (oder Quartals) mit dem BIP eines anderen Jahres (oder Quartals) zu vergleichen, um zu sehen, wie es sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Dies ist möglich, indem wir eine Änderungsrate berechnen. Diese wird oft einfach als Wachstumsrate bezeichnet, da das BIP normalerweise wächst. Wie wir jedoch in Zeiten von Rezession oder Krise sehen, kann das BIP auch sinken.

Wir können das BIP eines Jahres mit dem BIP des Vorjahres oder mit noch weiter zurückliegenden Jahren vergleichen, zum Beispiel von vor 5, 10, 20 oder mehr Jahren. Wenn wir dies tun, stehen wir jedoch vor dem Problem, dass das BIP im Geldwert des jeweiligen Jahres gemessen wird (in Euro in der Eurozone und in nationalen Währungen im Rest der EU) und sich dieser Geldwert sich im Laufe der Zeit aufgrund der Inflation (d.h. der allgemeinen Preisänderungen) verändert.

Wenn wir das BIP berechnen und die Werte von zwei oder mehr Jahren miteinander vergleichen, vergleichen wir in den Preisen des jeweiligen Jahres (also das BIP im Jahr 2016 in Preisen von 2016, das BIP 2015 in Preisen von 2015 usw.). Dies wird als nominales BIP oder BIP in jeweiligen Preisen bezeichnet.

Wenn wir also Daten für das BIP in jeweiligen Preisen für eine Reihe von Jahren (eine Zeitreihe) haben, müssen wir - um zu wissen, wie sich die Wirtschaft wirklich verändert hat - eine Anpassung auf Grund der Preisänderungen mittels eines Preisindex durchführen. Wenn wir diese Anpassung vornehmen, "deflationieren" wir die Daten in jeweiligen Preisen und anhand dieser deflationierten Daten können wir die reale Änderungsrate berechnen (dies wird auch als Veränderung des Volumens des BIP bezeichnet). Wenn wir hören oder lesen, dass das BIP um einen bestimmten Betrag oder um einen bestimmten Prozentsatz gestiegen ist, handelt es sich fast immer um diese reale Änderung (oder Volumenänderung).

Beispiel

Das BIP der EU war 2016 im Vergleich zu 2006 (10 Jahre zuvor) in realen Zahlen um 8,7% höher, während das BIP in jeweiligen Preisen im selben Zeitraum um 21,1% wuchs. Dies bedeutet, dass weniger als die Hälfte des in jeweiligen Preisen gemessenen Wachstums auf das reale Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist und der Rest lediglich auf Inflation zurückzuführen ist (steigende Preise).

Siehe Erklärung in Abbildung 1.

Abbildung 1: Reale und nominale Entwicklung des BIP, EU, 2006-2016
(2006 = 100)
Quelle: Eurostat (nama_10_gdp)

Wie kann das BIP verschiedener Volkswirtschaften miteinander verglichen werden?

Wie vergleichen wir zwei Volkswirtschaften, zum Beispiel Deutschland und Frankreich, die beiden größten Volkswirtschaften innerhalb des Euroraums, anhand ihres BIP?

Beispiel

Im Jahr 2016 lag das BIP in Deutschland bei 3,1 Billionen Euro und in Frankreich bei 2,2 Billionen Euro. Wenn wir das BIP durch die jeweilige Bevölkerung teilen, ergibt sich in Deutschland ein BIP von 38,1 Tsd. Euro pro Einwohner, rund 14% höher als der Wert von 33,3 Tsd. Euro pro Einwohner in Frankreich - siehe Abbildung 2.

Beim Vergleich über die Zeit hinweg (wie zuvor erklärt) passen wir die Zahlen an Preisänderungen an, um die reale oder tatsächliche Änderungsrate zu erhalten. Eine ähnliche Situation ergibt sich beim Vergleich zwischen verschiedenen Volkswirtschaften, da wir Preisniveauunterschiede berücksichtigen müssen.

Einfach ausgedrückt, die Menge an Waren und Dienstleistungen, die Sie im Durchschnitt in Deutschland mit einem bestimmten Geldbetrag (sagen wir 100 Euro) kaufen können, unterscheidet sich von dem, was Sie im Durchschnitt in Frankreich mit dem gleichen Geld kaufen können, obwohl diese beiden Mitgliedstaaten die gleiche Währung verwenden.

Genauso wie wir einen Preisindex verwendet haben, um das BIP im Zeitverlauf zu deflationieren, damit wir eine reale Analyse dieser Zeitreihe erhalten, können wir bei unserem Ländervergleich einen Preisniveauindex verwenden, um das BIP anzupassen.

Um Preisniveauunterschiede zwischen Volkswirtschaften zu berücksichtigen bzw. bei der Berechnung auszugleichen, wird der Wert des BIP in Euro unter Zuhilfenahme der Kaufkraftparität (KKP) umgerechnet. Dies ist ein spezieller Wechselkurs, der Preisniveauunterschiede berücksichtigt. Diese durch Umrechnung erzeugte Daten, die nun nicht mehr in Euro gemessen werden, sondern in einer künstlichen Währung, welche als Kaufkraftstandard (KKS) bezeichnet wird, kann theoretisch in jeder Volkswirtschaft die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen gekauft werden.

Beispiel

Gemäß den Regeln entspricht ein Euro im Durchschnitt für die gesamte EU einem KKS, so dass das BIP der EU im Jahr 2016 14,8 Billionen Euro oder 14,8 Billionen KKS betrug.

Da das Preisniveau in den verschiedenen Volkswirtschaften jedoch unterschiedlich ist, führt die Umrechnung in KKS in Deutschland zu einem BIP von 3,0 Billionen KKS und in Frankreich von 2,0 Billionen KKS. Wie Sie sehen, sind diese beiden Zahlen kleiner als die zuvor in Euro angegebenen Werte. Dies kommt daher, weil die Preise in Deutschland und Frankreich im Durchschnitt höher sind als in der EU insgesamt.

Dies bedeutet, dass Sie in diesen beiden Mitgliedstaaten weniger für Ihre 100 Euro kaufen können als in mehreren anderen Mitgliedstaaten, die ein niedrigeres Preisniveau haben.

Wenn wir diese Werte nun durch die Bevölkerungszahl dividieren, berechnen wir das BIP pro Einwohner in KKS, welches nicht nur Preisniveauunterschiede zwischen den Volkswirtschaften, sondern auch Unterschiede in der Bevölkerungsgröße berücksichtigt.

Beispiel

Im Jahr 2016 lag das Pro-Kopf-BIP in Deutschland bei 35,8 Tsd. KKS, rund 18% höher als in Frankreich mit 30,3 Tsd. KKS - siehe Abbildung 2.

Somit führt die Anpassung des BIP pro Kopf auf Grund der Berücksichtigung der Preisniveauunterschiede dazu, dass der Unterschied des BIP pro Einwohner im Jahr 2016 zwischen Deutschland und Frankreich von 14% (gemessen in Euro) auf 18% (gemessen in PPS) gestiegen ist.

Dies spiegelt die Tatsache wider, dass das durchschnittliche Preisniveau in Frankreich im Jahr 2016 höher war als in Deutschland.

Abbildung 2: Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Marktpreis, je Einwohner, 2016
Quelle: Eurostat (nama_10_pc)


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